Leben & Reisen mit Hund – Mein Fazit nach einem Jahr #AdoptDontShop

Seit letzter Woche ist mein Hund Melli genau ein Jahr bei mir: Ein Jahr Leben und Reisen mit Hund – der perfekte Anlass für ein kleines Fazit. Wie hat sich Melli eingelebt, wie hat das mit der Vereinbarkeit meines Reisebloggeralltags mit Hund geklappt? Was vermisse ich am Leben ohne Hund, was möchte ich am Leben und Reisen mit Hund nicht mehr missen? Und die wichtigste Frage: Würde ich mich wieder für einen Hund (aus dem Tierschutz) entscheiden?


Wenn ihr mehr erfahren möchtet, über welche Tierschutz-Organisation wir unseren Hund Melli adoptiert haben und wie die Anfangszeit mit Hund so war, lege ich euch folgenden Artikel ans Herz: Die erste Woche mit Hund #AdoptDontShop

Alle Artikel zum Thema Reisen mit Hund findet ihr auf dem Blog in der entsprechenden Rubrik.


Alltag mit Hund

Während ich diese Zeilen hier gerade schreibe, liegt Melli neben mir auf meinem Sitzhocker am Schreibtisch. Wie fast immer, wenn ich am Schreibtisch sitze. Der Hocker ist eigentlich als ergonomische Variante zum Schreibtischstuhl gedacht, auf dem man die Sitzposition oft wechseln kann und auch in der Hocke oder im Schneidersitz arbeiten kann und deshalb entsprechend groß. Groß genug, dass Melli und ich zusammen drauf passen.

Natürlich kann man ohne Hund leben, es lohnt sich nur nicht.

(Heinz Rühmann)

Wir waren heute morgen schon im Wald unterwegs. Es hat geregnet und ich hatte – mal wieder – keine große Lust rauszugehen. Aber jedes Mal wenn ich mich Dank Melli doch vor die Tür quäle tut es unfassbar gut, den Tag mit frischer Luft zu starten. Bevor Melli bei uns eingezogen ist, habe ich mich meist direkt nach dem Aufwachen mit einem Kaffee an den Schreibtisch gesetzt und direkt begonnen Mails zu beantworten. Auch wenn ich mir morgens manchmal wünschen würde, mit einem entspannten Kaffee auf der Terrasse zu starten – statt mich gleich anzuziehen und rauszugehen – bin ich mir sicher, dass mir der neue Morgen mit Hund sehr gut tut und mich im Laufe des Tages deutlich produktiver macht.

Leben & Reisen mit Hund: Unser Tagesablauf

Nach der Morgenrunde gibt es für uns beide Frühstück und während ich arbeite schläft Melli eigentlich meistens durch bis gegen späten Nachmittag mein Freund nach Hause kommt, der natürlich ausgiebig begrüßt wird. Dann geht es für uns das zweite Mal Spazieren oder eine Runde Laufen. (Einen ausführlichen Artikel zum Thema Laufen mit Hund habe ich ja bereits veröffentlicht.) Rund drei Mal die Woche haben wir dieses Abendritual nun eingeführt und es ist für mich die ideale Lösung Sport zu machen und dem Hund gerecht zu werden – ohne dass es mich zu viel Zeit kostet. Bevor wir das Laufen etabliert haben, war es für mich zugegebener Maßen sehr schwierig neben den zwei täglichen Gassirunden von jeweils mindestens drei Kilometern noch genug Zeit für mein persönliches Sportprogramm zu finden.

Laufen mit Hund

An den anderen vier Tagen machen mein Freund und ich die Abendrunden meist gemeinsam. Es ist für uns eine schöne Gelegenheit, uns von unserem Tag zu erzählen und etwas gemeinsam zu unternehmen. Im Winter ging das natürlich nicht, weil es da viel zu früh dunkel geworden ist. Deshalb haben wir im Winter statt dessen die Wochen für längere gemeinsame Spaziergänge oder Wanderungen genutzt. Auf täglich 10.000 Schritte bin ich so in 2019 gekommen. Seit unseren Laufroutinen sind es 2020 im Schnitt um die 13.000 Schritte. Durch die zwei Spaziergänge ist mein Alltag insgesamt viel strukturierter und routinierter. Bis spät in die Nacht am Laptop über der Arbeit sitzen – das gibt es bei mir seit dem so gut wie gar nicht mehr.

Danach gibt es für uns und Melli Abendessen. Die Abende verbringen wir eigentlich fast immer zu dritt auf der Couch. Melli liebt es eingekuschelt in eine Decke zwischen uns zu liegen und auch wir schätzen das gemeinsame Abendritual. Um 22 Uhr geht es für Melli noch ein letztes Mal nach draußen, bevor es für uns rüber ins Schlafzimmer geht.

Einmal die Woche gehen wir mit Melli zum Mantrailing. Melli liebt die Personensuche unter Einsatz von Geruchsproben und es ist eine gute Möglichkeit den Hund neben den normalen Gassirunden artgerecht auszulasten. Insgesamt hat es dazu geführt, dass Melli weniger Angst vor fremden Menschen hat, sie auf den Spaziergängen besser ansprechbar ist und seltener im Alleingang einer Spur nachgeht, ohne auf uns als Halter zu achten. Überhaupt ist der Freilauf beziehungsweise der sichere Rückruf einer unserer größten Baustellen. Während Melli zu Hause schnell ruhig und ausgeglichen war, macht sie draußen immer den Eindruck als sei sie völlig überwältigt von allen Eindrücken und Gerüchen. Und als käme man als Halter „kaum zu ihr durch“, um mit ihr zu kommunizieren. Das ist durch gezieltes Training in Form von positiver Verstärkung und durch die artgerechte Auslastung schon viel besser geworden.

Leben & Reisen mit Hund: Mehr gemeinsame Wanderungen?

Was ich mir darüber hinaus für 2020 vorgenommen hatte: Statt der Gassirunden mir öfter mal Zeit zu nehmen für neue Wanderungen in der Umgebung. Das ist durch die Corona-Krise leider aktuell etwas zu kurz gekommen. Denn wenn man sowieso fast zwei Stunden am Tag in der Natur verbringt, kann man die Zeit auch schöner nutzen und neue Gegenden und Wanderwege erkunden, statt immer die gleichen Spazierrunden zu gehen. Das kommt auch dem Hund zu Gute, der sich auch über neue Eindrücke und Gerüche freut.

Mit einem kurzen Schweifwedeln kann ein Hund mehr Gefühl ausdrücken, als mancher Mensch mit seinem stundenlangen Gerede.

(Louis Armstrong)

Arbeiten im Homeoffice mit Hund

Insgesamt hat die Adoption eines Hundes deutlich mehr Struktur und Routinen in unseren Alltag gebracht. Routinen, die auch mir im Homeoffice helfen eine ausgewogene Work-Life-Balance zu leben. Auf der anderen Seite darf man nicht unterschätzen, welchen Zeitaufwand ein Hund am Tag bedeutet. Auch wenn ich mich insgesamt als produktiver und ausgeglichener beschreiben würde, bleibt doch des öfteren abends mal Arbeit auf dem Schreibtisch liegen, den ich sonst noch abgearbeitet hätte. An einigen Tagen ist das für mich ziemlich frustrierend, jedoch auf lange Sicht besser für die Gesundheit. Schließlich gibt es als Selbststände immer etwas zu tun und immer etwas das liegen bleibt. Daran sollte man sich einfach gewöhnen als ständig zu versuchen, wie ein Hamster im Rad alles abzuarbeiten. Hier ist ein Hund ein hervorragender Lehrer!

Hunde haben alle guten Eigenschaften des Menschen, ohne gleichzeitig ihre Fehler zu besitzen.

(Friedrich II, der Große) 

Was man schon bei der Beschreibung unseres Tagesablaufes merkt: Wir haben mit Melli einen im Alltag sehr ausgeglichenen Hund adoptiert, der sehr kuschelbedürftig ist, gerne draußen ist aber zu Hause viel schläft. Außerdem kann sie sich mit ihren Spielzeugen auch mal sehr gut selbst beschäftigen. Das macht das Arbeiten im Homeoffice für mich sehr angenehm. So sind allerdings nicht alle Hunde und schon gar nicht, wenn ihr sie frisch adoptiert habt. Auch wenn Hunde in der Regel bis zu 20 Stunden am Tag schlafen beziehungsweise ruhen, fällt es vielen Vierbeinern schwer zur Ruhe zu kommen. Das lässt sich jedoch mit gezieltem Training angehen.

Meine Tipps zum Arbeiten im Homeoffice mit Hund

  • Am besten den gemeinsamen Spaziergang gleich morgens erledigen. So habt ihr quasi einen „Weg zur Arbeit“ und euer Hund ist ausgelastet und wird wahrscheinlich die nächsten Stunden schlafen.
  • Tägliche Routinen helfen nicht nur euch, sondern geben auch eurem Hund Strukturen im Alltag, an denen er sich orientieren kann.
  • Sorgt für einen gemütlichen Platz in eurem Büro, an dem sich euer Hund während der Arbeit entspannen kann. Tut er das nicht von selbst helfen „Entspannung auf Signal“ und gezieltes „Deckentraining“.
  • Seid konsequent und zeigt eurem Hund deutlich, dass ihr jetzt arbeitet und nicht „seine Zeit ist“. Das könnt ihr gegebenenfalls mit Signalen wie einer bestimmten Musik, Raumdüften oder Ritualen verstärken.
  • Macht regelmäßige Pausen in denen ihr mit dem Hund spielt und/oder kurz nach draußen geht. Das tut auch euch gut.
  • Feierabend ist Feierabend: Nach der Abendrunde bleibt der Rest der Arbeit für den nächsten Tag liegen (wann immer es möglich ist)

Reisen mit Hund

Schon eine Woche nach Mellis Adoption stand bei mir die erste Reise an, auf die ich sie auch gleich mitgenommen habe. Ich habe damals Rücksprache mit der Tierschutzorganisation gehalten, die mich daran bekräftigt hat, dass der Hund so direkt lernt, dass Reisen und unterwegs sein zu seinem Alltag gehört und etwas ganz normales ist. Auch wenn das grundsätzlich stimmt und ich letztes Jahr wegen des Zeitplans keine andere Wahl hatte, würde ich das heute doch nach Möglichkeit anders machen. Gerade einem ängstlicher Hund aus dem Tierschutz tut es gut, wenn er in den ersten Wochen Zeit hat im neuen Zuhause anzukommen. Ich glaube zwar nicht, dass diese Reise Mellis Entwicklung rückwirkend geschadet hat, aber ich habe mir in dieser Zeit sehr viele Sorgen und Gedanken gemacht, die ich mir hätte sparen können, wenn ich es am Anfang ruhiger angegangen wäre.

Reisen mit Hund – Die Macht der Stimmungsübertragung

Und vielleicht noch wichtiger: Auch ich brauchte eine gewisse Zeit, um mich an das neue Leben mit Hund zu gewöhnen. Zugegeben: Ich habe die Macht der Stimmungsübertragung bei Hunden am Anfang unterschätzt. Seid ihr entspannt, ist es auch euer Hund. Seid ihr nervös, ist es meist auch euer Hund. Jedenfalls ist das bei Melli so. Wie oft habe ich mich schon über Melli aufgeregt, die ständig die Nachbarn angebellt hat, während ich versucht habe mich zu konzentrieren. Und dann festgestellt habe, dass ich mindestens ebenso gereizt war wie Melli. Das könnt ihr euch auf Reisen natürlich auch sehr zu Nutze machen!

In ihrem ersten Jahr bei uns war Melli mit mir auf Reisen in Holland, der Schweiz, Österreich sowie Italien unterwegs, sowie auf vielen Reisen quer durch Deutschland. Die größte Herausforderung sind und waren immer noch die Besuche bei meiner Schwester in Hamburg. Auf die vielen Reize und Geräusche der Großstadt reagiert Melli sehr ängstlich. Da ich ansonsten aber auf Reisen wie Melli auch die Natur bevorzuge, klappt das Reisen ansonsten sehr gut.

Meine Reisen mit Hund

Von Anfang an war Autofahren kein großes Problem. Bahnfahren dagegen ist immer ein wenig aufregender. Sobald sie aber ein ruhiges Plätzchen an meinen Füßen gefunden hat, ist der Stress am Bahnhof schnell abgeschüttelt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Melli hat nämlich die Angewohnheit sich zu schütteln, wenn die Anspannung nach einer für sie stressigen Situation nachlässt. Daran kann ich immer sehr gut erkennen, wie es ihr geht. Und wenn wir mal ehrlich sind: Ich muss auch oft erst einmal tief durchatmen, wenn ich nach dem ganzen Hin- und Her auf dem Bahnhof endlich einen Sitzplatz gefunden habe und die Fahrt endlich losgeht.

Auch das Alleine bleiben – sei es zu Hause oder im Hotelzimmer – war für Melli glücklicherweise nie ein großes Problem. Vorausgesetzt natürlich wir haben uns vorher ein bisschen im Zimmer eingelebt und sie hat einen gemütliches Platz auf ihrer Decke gefunden, auf dem sie zur Ruhe kommen kann. Auch hier kommt mir die Macht der Stimmungsübertragung zu Gute: Da ich mich schnell an fremden Orten zurechtfinde und zu Hause fühle, fällt das auch Melli leichter.

Hotel Weisses Kreuz, Burgeis, Vinschgau, Südtirol, Italien

Überhaupt ist es immer wieder beeindruckend, wie schnell Hunde sich an neue Situationen anpassen können und an neuen Orten einleben, solange ihre Menschen in der Nähe sind und ihnen Ruhe, Struktur und Routinen vermitteln.

Reisen ohne Hund: Was mache ich mit Melli bei Fernreisen?

Neben diesen gemeinsamen Reisen habe ich mit Melli auch viel Zeit bei meinen Eltern im Harz verbracht. Sie sollte sich dort genauso zu Hause fühlen, damit ich sie bei längeren Flugreisen oder Produktionsreisen, an denen sie keine Freude hätte, zu meinen Eltern bringen kann. Das hat  wunderbar geklappt und Melli freut sich mittlerweile fast so sehr in mein Elternhaus zu kommen, wie in ihr eigentliches Zuhause. Wir haben inzwischen auch schon die erste Fernreise, die mich letzten Herbst nach Costa Rica geführt hat hinter uns. Für mich ist es sehr beruhigend zu wissen, dass ich in Notfällen immer auf diese Option zurückgreifen kann und weiß, dass es Melli bei meinen Eltern genauso gut geht wie Zuhause. Bei kürzeren Reisen teilen sich mein Freund und meine Schwiegermama die Betreuung.

Costa Rica

Insgesamt ist das Reisen für mich schon deutlich planungsintensiver geworden. Bei jedem neuen Reiseauftrag muss ich erst abklären, ob ich Melli mitnehmen kann, ob die Reise überhaupt etwas für sie ist oder planen, ob ich sie zu meinen Eltern bringen muss oder sie zu Hause bei meinem Freund bleiben kann. Private Reisen unternehmen wir seit dem dem eigentlich fast ausschließlich mit dem Auto, damit wir sie gemeinsam mit Melli verbringen können. Ausnahme: Die Reise nach Costa Rica mit meiner Schwester, die schon lange im Voraus geplant war.

Bis jetzt gab es aber noch keine Situation, die sich nicht lösen ließ und alle Kooperationspartner, die Melli kennengelernt haben, waren total begeistert von ihr und dem Content, den wir auf gemeinsamen Reisen produziert haben. Insgesamt versuche ich aber, weniger und ausgewählter zu Reisen was nicht nur Melli gut tut, sondern auch mir selbst, meiner Beziehung und der Umwelt.

Meine Tipps zum Reisen mit Hund

  • Reisen mit (und auch ohne Hund) fordern sehr viel mehr Planung. Am besten daher die Reiseorganisation so früh wie möglich angehen.
  • Vor jeder Reise frage ich mich: Ist das was für Melli? Geht es viel in die Natur, sind Wanderungen geplant? Dann nehme ich sie mit. Wenn nicht, dann ist sie zu Hause oder bei meinen Eltern am besten aufgehoben. Das Hundewohl geht immer vor meinem persönlichen Bedürfnis sie bei mir zu haben
  • Je entspannter ihr auf Reisen seid, umso entspannter ist auch euer Hund. Macht es euch im Hotelzimmer gemütlich, dann merkt es auch der Hund.
  • Auf Reisen braucht der Hund nicht viel: Seine Decke, vielleicht ein Spielzeug, Kauartikel und sein Futter reichen meist. Je weniger ihr einpackt, desto unbeschwerter reist ihr – auch mit Hund.
  • Versucht auf Reisen ein paar Routinen von zu Hause beibehalten. Genauso lohnt es sich auch zu Hause mal etwas von den gewohnten Routinen abzuweichen, damit der Hund sich nicht all zu stark auf zeitgenaue Fütterung und Gassirunden einstellt und ihr auf Reisen auch etwas flexibler seid, ohne dass der Hund dadurch nervös wird.

Ein ausführlicher Artikel beziehungsweise eine Artikelreihe zum Thema Reisen mit Hund habe ich bereits in Planung. Schreibt mir gerne eure Fragen dazu in die Kommentare!

Würde ich mich nochmal für einen Hund entscheiden?

Mit einem Hund zu leben – das wünsche ich mir schon seit ich Kind bin. Insbesondere seit dem Tod unseres langjährigen Familienhundes Mara, die mich vom 11. bis zum 27. Lebensjahr begleitet hat, wurde der Wunsch nach einem eigenen Hund noch stärker. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass etwas fehlen würde. Lange habe ich mir eingeredet, dass das mit meinem Job als Reisebloggerin nicht geht. Allerdings bin ich durch meine Selbstständigkeit viel flexibler als zuvor als Angestellte und kann mein Leben und meine Arbeit glücklicherweise so anpassen, dass es auch mit Hund klappt. Natürlich wäre ich ohne meinen Partner und vor allem meine Eltern aufgeschmissen. Wenn ihr also mit dem Gedanken an eine Hundeadoption spielt, legt euch unbedingt einen Plan B zurecht, was ihr macht, wenn ihr mal krank, auf Reisen oder beruflich unterwegs seid.

Der Wunsch ein Tier zu halten, entspringt einem uralten Grundmotiv – nämlich der Sehnsucht des Kulturmenschen nach dem verlorenen Paradies.

(Konrad Lorenz)

Auch wenn ich so unfassbar glücklich bin Melli in meinem Leben zu haben, sehe ich jetzt nach einem Jahr neben all der Vorteile natürlich auch ein paar Nachteile, die ich am Anfang vielleicht nicht sehen wollte. Natürlich werde ich jetzt, mit Hund, nie mehr so frei und spontan reisen können, wie davor. Zumindest was die Flugreisen angeht. Das ist jedes Mal mit deutlich mehr Planung verbunden. Aber da ich eh viel bewusster fliege(n möchte), stört mich das wenig. Meinen Bulli schnappen und drauflosfahren – das geht dagegen wunderbar auch mit Hund.

Baden-Württemberg / Schwarzwald
Baden-Württemberg / Schwarzwald

Kürzlich habe ich dank Corona-Lockdown wieder das Radfahren für mich entdeckt. Vor Mellis Einzug bei uns war ich begeisterte Radfahrerin und bin mit meinem Mountainbike oder Rennrad über die Westerwald- und Eifelhügel gefegt. Längere Fahrradtouren sind jedoch mit Melli immer mit Organisation verbunden. Außerdem muss man vor und nach der Radtour noch Zeit und Kraft für die Gassirunde einplanen. Bei längeren Touren fährt dann immer auch das schlechte Gewissen mit. Schließlich hätte man sich ja auch für eine Wanderung oder Lauf entscheiden können, wo der Hund hätte mitkommen können. Mein Kompromiss: Ich gönne mir aktuell jede Woche eine längere Fahrradtour am Wochenende, wo mein Freund auf Melli aufpassen kann. Dann muss ich kein schlechtes Gewissen haben und kann trotzdem meiner Leidenschaft für das Fahrradfahren nachkommen. Unter der Woche beschränke ich mich dagegen auf kürzere Touren oft auch gemeinsam mit meinem Freund.

Wie Melli mein Leben ansonsten positiv beeinflusst, kann ich hier kaum auflisten. Ich bin insgesamt ausgeglichener, glücklicher, lebe mehr im Moment, bin mehr in der Natur unterwegs, bekomme das mit der Work-Life-Balance besser hin und genieße es an Tagen, wo mein Freund über Nacht bei der Arbeit bleiben muss, dass ich nicht alleine bin, sondern Melli an meiner Seite habe. Wann immer ich einen schlechten Tag habe, brauche ich Melli nur beim Spiele zuzusehen oder „meine Nase im Hundefell zu vergraben“, dann geht es mir sofort besser und die Probleme und Sorgen des Alltags sind plötzlich ganz weit weg. Meinem Freund geht es da ganz genauso. Dank Melli sind wir nicht mehr „nur“ ein Paar, sondern eine kleine Familie. Und das fühlt sich toll an!

Auch heute noch wird die Bindung zwischen Melli und mir beziehungsweise uns von Tag zu Tag intensiver. Ich lerne jeden Tag sie besser zu verstehen und ihre Zeichen zu lesen. Umgekehrt genauso. Und das ist wunderschön.

Würde ich mich also wieder für einen Hund entscheiden? Ja definitiv! Ich frage mich manchmal eher, warum wir damit „so lange gewartet“ haben.

Würde ich mich nochmal für einen Tierschutzhund entscheiden?

Ich muss zugeben, dass ich damals sehr unbedarft an das Thema Tierschutzhund herangegangen bin. Für mich stand fest, dass es doch besser ist einer armen Seele aus dem Tierschutz ein Zuhause zu geben, als einem Hund vom Züchter oder Privatpersonen. Im Kopf war ich ziemlich intolerant, wenn ich gehört habe, dass sich jemand einen Rassehund angeschafft hat. Das sehe ich heute ein wenig differenzierter.

Grundsätzlich bin ich immer noch dafür, einem Hund aus dem Tierschutz die Chance auf ein schönes Leben zu geben. Allerdings ist die Adoption eines Tierschutzhundes auch mit vielen Fragezeichen verbunden. Nicht jeder hat so viel Glück wie wir mit Melli hatten. Viele Hunde aus dem Tierschutz kommen mit sogenannte Deprivationsschäden ins neue Zuhause, weil sie in den entscheidenden Entwicklungsphasen nur wenigen Außenreizen ausgesetzt waren. Auch Mellis Angst vor neuen Reizen, fremden Menschen und Geräuschen ist sicher dem geschuldet. Sie wird wahrscheinlich nie der neugierige und ausgeglichene Hund werden, der sie hätte werden können, wenn sie ihre „Kindheit“ nicht im Tierheim verbracht hätte. Natürlich hat sie ein schönes Leben dadurch nicht weniger verdient. Ganz im Gegenteil. Nur sollte sich jeder, der einen Hund aus dem Tierschutz adoptiert, darauf einstellen, dass gerade in der Anfangszeit vielleicht nicht alles so glatt läuft. Auch zeigen sich bestimmte Charakterzüge erst im Laufe der Eingewöhnung. Dass Melli eine ambitionierte Jägerin ist, zeigte sich beispielsweise erst nach ein paar Wochen in unserem Zuhause.

Aussichtsregion Stuttgart

Sieh Deinem Hund in die Augen und versuche zu sagen, dass Tiere keine Seele haben.

(Victor Hugo)

Das bedeutet natürlich nicht, dass mit einem Rassehund immer alles glatt läuft und super easy ist. Jedes Tier ist anders. Das gilt für Rassehunde genauso wie für Tierschutzhunde. Auch wenn beispielsweise Labradore als einfache und leicht erziehbare Familienhunde gelten, muss das nicht zwangsläufig für jedes einzelne Individuum gelten. Aber dass ein Husky vielleicht nicht in eine Familie passt, die in der Großstadt wohnt und wenig aktiv ist, lässt sich bereits vorher absehen.

Ob ein Tierschutzhund auch in seine Familie passt, zeigt sich gerade bei Auslandsadoptionen manchmal erst, wenn der Hund schon eingezogen ist. Gute Tierschutzorganisationen achten bei der Vermittlung darauf, ob das Tier zur entsprechenden Person passt. Melli beispielsweise hatte vor meiner Anfrage nur ein paar Anfragen von älteren Leuten, die sich danach erkundigt haben, ob der Hund am Rollator gehen könnte. Wäre Melli bei solch einem Halter gelandet, hätte das einfach nicht gepasst. Dafür ist sie viel zu lauffreudig.

Auch war ich sehr froh, dass wir Melli vor der Adoption in Deutschland kennen lernen durften. Oft merkt man doch erst vor Ort, ob die Chemie stimmt und es wirklich passt. Einen Hund rein nach dem Äußeren auszuwählen, fühlte sich für mich einfach nicht richtig an.

Würde ich mich also wieder für einen Tierschutzhund entscheiden? Ja auf jeden Fall, aber diesmal mit mehr Wissen und Erfahrungen im Gepäck. Ich würde manches anders machen – zum Beispiel mich von Anfang an viel weniger auf das Training als auf die Bindung zu dem Hund konzentrieren. Denn mit der Bindung, kommt so vieles einfach von selbst. Und ich wäre am Anfang entspannter. Fest steht, dass ich aber auch niemanden verurteile, der sich einen Hund aus dem Tierschutz vielleicht nicht zutraut. Ich merke ja wie viel Arbeit es bis heute ist, manche Herausforderungen mit Melli anzugehen. Immerhin ein ganzes Jahr hat es gedauert, bis ich mit gutem Gewissen Melli mal für ein paar hundert Meter von der Leine nehmen konnte. Gerade wenn ich an eine Familie mit Kindern denke – hat vielleicht nicht jeder diese Zeit.

Apropos Bindung: Allen (zukünftigen) Hundehaltern kann ich nur den Hunde-Podcast Pawsitive Life von Kiki und Lisa ans Herz legen. Ich habe aus den Folgen so viel für mich und das zusammenleben mit Melli mitgenommen!

Viele Leute sagen, dass ein Hund aus dem Tierschutz dankbarer ist als ein Rassehund. Dankbar für das schöne Leben, das er bei uns hat. Ich glaube jedoch, dass das auf jeden Hund zutrifft ob Tierschutz- oder nicht. Ein Hund fragt sich nicht, woher er kommt, er genießt sein Leben im Hier und Jetzt – und davon können wir uns öfter mal eine Scheibe abschneiden.

Leben und Reisen mit Hund? Habt ihr noch weitere Fragen an mich? Oder habt ihr andere/ähnliche Erfahrungen gemacht? Dann ab in die Kommentare damit!

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