Höher, schneller, weiter oder auch: Reisen als Statussymbol?

Reisen als Statussymbol?

Bin ich die einzige, die findet, dass Reisen irgendwie in letzter Zeit immer „krassere“ Züge angenommen hat? Wird Reisen zum Statussymbol?

Reicht es nicht mehr nach Italien, Spanien oder Portugal zu verreisen, sondern muss es schon mindestens eine Fernreise nach Thailand, Australien, Neuseeland und Co sein?

Ich weiß nicht, ob es eine Sache ist, die nur im meinem reiseaffinen Bekanntenkreis vorkommt, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass Reisen immer länger, spektakulärer oder weiter  sein müssen, um als „richtige Reise“ zu zählen.

Alles andere sei ja „nur Urlaub“.

Reisen als Statussymbol? Machst du noch Urlaub, oder reist du schon?

Und ich nehme mich selbst davon nicht aus. Seit meiner ersten Fernreise nach Indonesien, konnte ich einfach nicht genug bekommen von exotischen, fernen Destinationen. Bereiste Südamerika. Mittelamerika. Kambodscha. Australien. Und vergaß zwischen Jetlag und Montezumas Rache, wie schön das Reisen hier in Europa sein kann. Und zwar nicht für einen Kurzurlaub oder Städtetrip zwischendurch, sondern für eine richtige Reise.

Mehr einem Zufall habe ich zu verdanken, dass es mich letzten Monat nach Südengland verschlagen hat. Und ich kann nur sagen: was für ein glücklicher Zufall. Eigentlich wollten meine Schwester und ich zu der Zeit Südostasien unsicher machen. Nach Malaysia reisen oder so. Hauptsache weit weg. Doch durch diverse organisatorische Umstände mussten wir die Reiseplanung immer wieder nach hinten schieben. Letztendlich so weit, dass es natürlich für Juli keine bezahlbaren Flüge mehr in Fernziele gab und wir schließlich bei einen Flug nach London endeten.

Südengland hatte uns beide schon immer interessiert, aber weiter als bis nach London hatten wir es bis dato nicht geschafft. Es gibt doch auch so viele spektakuläre Tropenziele, die wir uns noch anschauen wollten.

„Südengland? Das kann man ja auch noch später irgendwann mal machen.“

Naja und dann kam irgendwann doch irgendwie schneller.

Es muss nicht immer eine Fernreise sein

Unser Umfeld reagierte überrascht. „Was, so ein „normales“ Reiseziel habt ihr euch diesmal ausgesucht?“, hörten wir. Auch wir waren selbst ein bisschen überrascht von unserer eigenen Wahl. Und von dem fehlenden Stress, der mit einer Reise nach England einhergeht.

Keine Impfungen. Keine große Planerei. Kein Reisepass. Keine Packprobleme (naja weniger zumindest).

Außer unserem Flug nach London und dem Mietwagen hatten wir bis einen Tag vor Reiseantritt nichts geplant. Und das war auch kein Problem. Nicht mal zur Hauptsaison. Noch als wir im Flieger saßen hatten wir das Gefühl: irgendwas haben wir vergessen. Als wir ganz entspannt eine Stunde später wieder ausstiegen, dämmerte uns, dass diese Reise die wohl entspannteste sein würde, die wir je zusammen unternommen haben.

Und das sollte auch so bleiben. Selbst der Linksverkehr konnte mich nicht schocken. Wir aßen gut, wir konnten mitteilen über Hand und Fuß und Basisvokabular hinaus, konnten Schilder lesen und fuhren jeden Tag dorthin wo es uns hinzog. Okay, das mag für den einen oder anderen vielleicht langweilig erscheinen, aber ich glaube ich habe genau so eine unkomplizierte Reise nach all den wundervollen, spannenden, aber stressigen Fernreisen einfach nur bitter nötig gehabt.

Und langweilig war es keineswegs. Im Gegenteil. Wir waren überrascht und begeistert wie atemberaubend und vielseitig die Küstenlandschaft Südenglands, die sanften Hügel Somersets und die grünen Klippen Südwales sich uns präsentierten.

Näher, langsamer, unkomplizierter?

Mein Fazit des 10-tägigen England-Roadtrips: Vielleicht sollte man sich auch was das Reisen angeht, manchmal ein bisschen zurück orientieren und statt mit „höher, schneller, weiter“ mal wieder mit „näher, langsamer und unkomplizierter“ versuchen. Minimalismus ist doch eh voll im Trend und sollte sich auch was das Reisen angeht nicht nur auf das Gepäck beschränken. Finde ich zumindest.

Denn schließlich ist Reisen kein Wettbewerb oder Statussymbol, sondern die schönste Freizeitbeschäftigung der Welt.

Und jetzt würde mich interessieren: Wo führt dich deine nächste Reise hin? Und was meinst du zum Thema Minimalismus beziehungsweise Reisen als Statussymbol?

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39 Comments

  1. says: ute

    Hallo,
    guter Text. Thailand habe ich vor 30 Jahren schon als voll empfunden. Wenn ich jetzt mitbekommen, wie viele Kinder von meinen Freunden nach dem Abi erst mal in Asien chillen müssen, weil sie nicht wissen, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen, habe ich keine Lust mehr, dort hin zu fahren. Alles muss doller sein, am besten Urlaub in Afganistan, sonst kann man nicht mehr punkten. Das ist schon bizarr.
    Mein Liebster muss auch einmal im Jahr nach Cornwall, sonst ist er nicht glücklich, und ich kann Dir diesen South West Coath Path nur empfehlen. Dieses Jahr waren wir außerdem noch in Italien bei Christo am Iseosee. Ein Traum!
    Das Schöne liegt so nah!
    VG
    Ute

  2. says: tina

    Mir ging es so Ende Juni als es für 6 Tage nach Garmisch ging. Entsetzte Blicke das es nur nach Deutschland, ja nicht mal mit dem Flieger, weg geht.

  3. says: Judith Hartnack

    Ganz in diesem Sinne geht mein diesjähriger Sommerurlaub an den Spitzingsee, vorher noch ein bisschen München. Ich war noch nie in der Gegend und bin schon ganz gespannt. Ich für meinen Teil würde den Kreis sogar noch viel enger ziehen; es gibt noch so viele Orte in Deutschland, die ich nicht kenne und die bestimmt eine Reise Wert sind.

  4. says: Marike

    Wenn man seine Reise lediglich als Statussymbol ansieht und sich für 2 Wochen in der Karibik, auf den Malediven oder sonst wo in einem Resort einigelt, nur um sagen zu können, dass man dort war, ist das für mich keine Reise :) Das mit dem höher, weiter, aufregender geht mir irgendwie (leider) teilweise auch so… die letzten Jahre haben wir immer eine Europareise, eine Fernreise und zwei bis drei kleinere Städtetrips in Deutschland bzw. Europa gemacht. Die Mischung fand ich toll! Dieses Jahr gehen alle Urlaubstage für Ziele außerhalb von Europa drauf… Kanada (leider schon vorbei) und Ende des Jahres noch Südafrika… so toll unsere beiden Fernziele sind, vermisse ich trotzdem das entspannte Reisen innerhalb Europas. Einfach ins Flugzeug setzen, 2 Stunden fliegen und schon dort sein. Kein Jetlag, kein Bangen, ob sich der lange Flug wirklich lohnt usw…bisher haben sich allerdings alle Fernreisen vollkommen ausgezahlt, auch wenn ich das Gefühl habe, dass man immer schwieriger zu beeindrucken ist, je mehr man gesehen hat und auch anfängt, neue Ziele mit einem alten Lieblingsziel zu vergleichen. Nächstes Jahr soll es trotzdem noch nach Indonesien gehen, aber danach freue ich mich echt auf weitere Europareisen an bereits bereiste Orte (ich MUSS nächstes Jahr ganz dringend wieder nach Portugal ;-) ) und neue Ziele :)

  5. says: Nadine

    Hallo Jana,

    mir erscheint das Reisen tatsächlich auch als Statussymbol und „Must-have“ . Reisen ist eine wundervolle Sache und um ehrlich zu sein, habe ich bisher noch keine Fernreise gemacht, schließe es aber auch nicht aus. Dennoch habe ich die Liebe zu europäischen Zielen für mich entdeckt. In diesem Jahr war ich sechs Wochen mit meinem alten Camperbus in Südfrankreich unterwegs. Einfach wunderbar! Tolle Leute, herrliche Landschaft und über die Qualität des Essens ist es überflüssig etwas zu schreiben. Nächstes Jahr geht es wahrscheinlich an die polnische Ostseeküste oder nach Tschechien, mein Mann hat einen Fimmel für Osteuropa, why not. Es muss nicht weit sein um schön zu sein :) In diesem Sinne weiterhin schöne Reisen

  6. says: Julia

    Hi Jana,

    da geht es nicht nur dir so, ich merke diese Entwicklung auch. China oder der Iran müssen es schon sein… Ich war letztes Jahr auf einem Roadtrip durch Portugal & es war wirklich wunderschön!
    Meine nächste Reise geht zwar nach Island, ansonsten werde ich dieses Jahr viel in Deutschland unterwegs sein z.B. auf einer Mehrtageswanderung auf dem Lechweg. UndAmsterdam steht auch noch auf dem Plan.

    Dadurch dass ich die letzen 1 bis 2 Jahre viele Fernreisen gemacht habe (Thailand, Miami, Australien), freue ich mich auch tatsächlich mal drauf, nicht einen ganzen Tag für die Anreise im Flugzeug sitzen zu müssen! ;-)

    LG, Julia

  7. says: Nicole Gerstacker

    Hallo Jana,

    ein toller Beitrag, den ich so zustimme. Ich merke immer mehr (vor allem seit ich bei einem sozialen Netzwerk nur mit Bildern angemeldet bin) das Reisen für viele, sicherlich nicht für alle, ein Statussymbol ist. Ich gehe jetzt seit 20 Jahren arbeiten und habe mit 15 meine Ausbildung angefangen. Damals war es einfach nicht so das man sich nach der Ausbildung oder Abitur die Welt angesehen oder jedes Jahr eine Fernreise geleistet hat. Sicherlich gab es diese Exoten, wie wir sie genannt haben, aber das waren von einer ganzen Schule höchstens eine Handvoll. Fliegen war zudem noch relativ teuer. Ich selbst war als Kind viel in Deutschland und Österreich, auch in Portugal. Als es dann anfing mit alleine verreisen, waren erstmal Citytrips an der Reihe, später viel von Europa und meine erste Fernreise gönnte ich mir (erst) mit 30. Eine Rundreise in den USA und dann bin ich nochmal in die Karibik geflogen. Dieses Jahr geht es nach Rom und an den Indischen Ozean und die nächsten 2-3 Jahre ist Asien und Australien geplant. Alles step by step und nach den beiden Kontinenten wüßte ich nicht was es noch toppen kann und bin dann gesättigt. Ich finde Europa hat sehr viele schöne Ecken (z.B. Kanaren oder griechische Inseln) mit herzlichen Menschen und gutem Essen und man braucht keine große Anreise, kein großes Planen. Wichtig ist alles für sich zu genießen und später in Erinnerung zu schwelgen, um das geht es doch :) LG Nicole

  8. says: Claudia

    Hallo, ich finde, die Mischung macht‘s. Ich unterscheide aber auch zwischen Reisen und Urlaub. Urlaub ist für mich pure Entspannung, die tritt bei mir hauptsächlich am Strand ein und eben nicht so sehr, wenn ich durch Länder reise, in denen ich eine andere Kultur kennenlerne oder mir jeden Tag etwas anderes ansehen möchte.
    Allerdings kann man natürlich auch in Europa wundervolle Reisen machen. Wir haben zwei Monate lang mit dem Wohnwagen den Balkan bereist, hauptsächlich Serbien, Albanien und Montenegro und es war eine der tollsten Reisen, die wir je gemacht haben. Es muss also definitiv nicht immer eine Fernreise sein!
    Nach Südengland will ich auch auf jeden Fall mal. Und Reisen durch Spanien, Frankreich und Italien stehen auch auf der bucket list.

  9. says: Manuel Kobald

    Das Luxusreisen war doch schon immer ein Statussymbol, gerade heute gibt es im 5-7 Sterne Sektor einiges.Was die Destinationen angeht steht Bora Bora derzeit ganz hoch im Kurs.Es gibt viele tolle Orte die dann wirklich sehr viel Geld kosten wenn man in den diversen Hotelketten absteigt, wie zum Beispiel das St.Regis,Four Seasons, One&Only,Ritz,Park Hyatt uvm….liebe Grüße aus Wien

  10. says: Neffe

    Mir ist bis heute schleierhaft warum Tausende Deutsche meinen mindestens einmal im Jahr ihren Hintern um den halben Globus bewegen zu müssen, nur um andere dann vollquatschen zu können was sie doch alles so Tolles gesehen und erlebt haben. Mal abgesehen von den damit verbundenen Stress und den Folgen für die Umwelt.

    Ich komme aus der ehemaligen DDR und meine Großeltern haben jedes Jahr über ihren Betrieb an der Ostsee geurlaubt. Warum soll das heute nicht auch gehen? Ich war noch nie in Malle, in Südamerika, Neuseeland, Ägypten, Indonesien usw. und wüsste auch gar nicht was ich dort soll. Natürlich nehme ich mir auch Auszeiten und gönne mir mal was aber das mache ich grundsätzlich in der Heimat. Ich wohne in Ostwestfalen am Teutoburger Wald und hier in der Nähe gibt es soviele schöne Ecken zu entdecken die alle bequem in 1 bis maximal 2 Std mit der Bahn zu erreichen sind. Ansonsten fahre ich 1 mal im Jahr (auch mit der Bahn) zum Wandern an die deutsch-österreichische Grenze, genau wie meine Großeltern immer an den gleichen Ort. Und das reicht mir so.

    Wie gesagt: wozu seinen Hintern jedes Jahr um den halben Globus bewegen? Alles Unsinn.

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