Manchmal gibt es Momente auf Reisen, da ist alles so schön und perfekt, dass es fast schon surreal wirkt. Als würde man sich in einer Postkarte befinden. So wie an diesem Tag, als ich auf einem Schiffchen gen Ozean fahre. Der Himmel ist stahlblau und kein Wölkchen ist am Himmel. Vor mir liegen die schneebedeckten Fjorde, hinter mir spiegeln sich die Schiffe im Hafen im eisblauen Wasser. Es ist so warm, dass man selbst auf dem Wasser keine Jacke braucht. Ja, diese Geschichte spielt in Island – und zwar in Húsavík, das auch als „Whale Watching Capital of Europe“ gilt.
Alles wirkt wie eine Postkarte – und ich mittendrin. Die Szene ist so schön, dass es für mich plötzlich fast schon nebensächlich ist ob wir tatsächlich Wale zu Gesicht bekommen oder nicht. Naja, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Schließlich haben mich die Giganten der Meere schon immer fasziniert. Mein Traum war es immer die wundervollen Geschöpfe mal in freier Wildbahn zu erleben – und jetzt, wo es soweit ist, ist die Walsichtung fast zur Nebensache geworden.
Von Siglufjörður nach Húsavík
Der ganze Tag hatte schon so begonnen – zumindest dann, als wir es erst einmal aus dem Bett geschafft und uns mit samt dem Gepäck ins Auto verfrachtet hatten. Von den Walen trennen uns noch gute 150 Kilometer für die wir rund zweieinhalb Stunden eingeplant haben. Wenn man berücksichtigt, dass unser Boot bereits um 10 Uhr am Hafen von Húsavík ablegt, könnt ihr euch ja ausrechnen um wieviel Uhr wir bereits im Auto saßen.
Die Müdigkeit ist schnell verflogen. Denn die Sonne strahlt hell vom Himmel und die fantastische Fjordlandschaft zwischen Siglufjörður und Húsavík vertreibt schnell alle Müdigkeit. Ich muss mich selbst ein bisschen ermahnen nicht die Wale Wale sein zu lassen und mich statt dessen nur dieser unglaublichen Landschaft hinzugeben. Aber schließlich hatte ich mich ja schon lange auf diesen Tag gefreut.
Die atemberaubende Fjordlandschaft des Eyjafjörðurs
Trotz unzähliger Stopps kommen wir überpünktlich in Húsavík an. Und zum ersten Mal auf unserer Reise müssen wir uns tatsächlich auf die Suche nach einem Parkplatz begeben. Der Parkplatz direkt im Hafen ist bereits von zahlreichen Mietwagen besetzt. Schließlich möchte fast jeder Islandtourist den Meeressäugern einen Besuch abstatten. Aber wir wären nicht in Island, wenn sich nicht kurze Zeit später ein freier Platz für uns auftun ließe.
Whale Watching in Húsavík
Damit mich nicht die Seekrankheit erwischt – auch wenn im Anbetracht des spiegelglatten Meeres im Hafen eher unwarscheinlich – mache ich mir erst einmal auf die Suche nach einem Frühstück. Im Bistro unseres Tourenanbieters Norðursigling werde ich schließlich fündig und gönne mir einen großen Kaffee zusammen mit einem Muffin, der erstaunlich gut ist.
Dann geht es auch schon aufs Schiff. Und da wären wir also: Das Meer ist spiegelglatt, der Himmel eisblau…aber das wisst ihr ja bereits. Noch fehlt von den Walen jede Spur. Unser Tourguide erklärt uns, dass wir alle besonders auf Vogelschwärme achten sollten, denn die halten sich besonders gerne dort auf, wo sich Wale befinden. Doch am Horizont sieht man nichts.
Dann ertönt es plötzlich durchs Mikrofon „Minky whale two o’clock!“ und siehe da, direkt vor meinen Augen taucht der Rücken eines Zwergwales auf. Und noch einer. Immer wenn die Wale ihren Rücken stark krümmen, machen sie sich für einen tiefen Tauchgang bereit und etwa fünf Minuten später an einer beliebigen Stelle wieder aufzutauchen.
„Humpback whale five o’clock!“
Jetzt überschlägt sich die Stimme unseres Guides fast und wir starren gebannt aufs Meer. Tatsächlich, da ist einer! Der Buckelwal meint es gut mit uns und taucht die nächste halbe Stunde immer wieder rechts und links des Bootes auf. Oder ist es bereits einer seiner Artgenossen? Zwischendurch lassen sich auch kurz ein paar Delfine blicken. Ich bin jedenfalls völlig hin und weg und kriege vor lauter Aufregung kaum ein brauchbares Motiv aus meiner Kamera.
Ein Zwergwal
Nur wenig später taucht der erste Buckelwal auf – zu erkennen an dem buckligen Rücken
Nach einer gefühlten halben Stunde die jedoch in Wirklichkeit fast drei Stunden lang war, treten wir den Rückweg an. Ein bisschen traurig bin ich irgendwie schon, dass ich keinen Blauwal gesichtet habe, den man ebenfalls regelmäßig in der Bucht antrifft. Aber unserer Guide erklärt mir, dass man sich vor der Tour entscheiden müsse, ob man eine gute Chance auf viele Walsichtungen oder eine geringe Chance auf eine Blauwalsichtung haben möchte. Denn je nachdem werden unterschiedliche Gewässer angefahren.
Der Rückweg wird uns mit Kakao und Zimtschnecken versüßt und bietet uns Gelegenheit, das erlebte zu verarbeiten. Und doch ertappe ich mich immer wieder, wie ich sehensüchtig auf den Horizont starre in der Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch ein Blauwal zu erkennen gibt. Viel schneller als mir lieb ist, erreichen wir wieder den Hafen.
Von Húsavík in die Region Mývatn
Während die anderen Gäste schnell zu ihren Autos eilen, nehmen wir uns noch ein bisschen Zeit die Sonne im Hafen zu genießen und gönnen uns ein leckeres aber völlig überteuertes Mittagessen im Gamli Baukur bevor wir unsere Fahrt nach Südosten fortsetzen. Unsere Route führt uns zunächst ein Stück die Küste entlang, bis wir der Straße 864 ins Hochland folgen. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob wir diese Route tatsächlich mit unserem normalen PKW hätten befahren dürfen, denn uns begegnete auf der gesamten Strecke über die Schotterpiste nur ein anderes normales Auto.
Die Sache mit den F-Straßen
Vielleicht weiß es der ein oder andere noch nicht: In Island gibt es spezielle Straßen, die mit eine F gekennzeichnet sind und die nur mit Jeeps mit Allradantrieb befahren werden dürfen. Wer sich dem widersetzt riskiert hohe Strafen und einen Verlust der Mietwagenversicherung. Nun ist es aber so, dass ein Mietwagen mit Allradantrieb mehr als dreimal so teuer ist wie der eh schon teure normale Wagen.
Die besagte Straße war vor kurzem definitiv noch eine F-Straße, wie mir auch mein Reiseführer zeigt, jedoch wurde die Straße – zumindest laut Aussage eines freundlichen Mitarbeiters im Restaurant inzwischen für PKW freigegeben. Wir hatten also entweder Glück oder einen guten Berater – aber schließlich kommen wir ohne Probleme und mit einem völlig verdreckten Auto in der Region Mývatn an. Was man dort so erleben kann, erzähle ich euch dann beim nächsten Mal.
Mein Island Guide: Islands Norden – Húsavík
Länge der Etappe: 400 Kilometer
Dauer: Insgesamt 5-6 Stunden reine Fahrzeit – 2 bis Húsavík und noch einmal 3 bis zu unserem Ziel in der Nähe des Mývatn-Sees. Mit Pausen sind wir auf gute 15 Stunden gekommen – ein langer Tag also…
Start/Ziel: Von Siglufjörður an den Mývatn
Meine Highlights: Die atemberaubende Fjordlandschaft zwischen Siglufjörður und Húsavík, Whale Watching in Húsavík, die „Offroad“-Strecke auf der 864
Meine Tipps:
- Wenn man in Europa eine gute Chance auf Walsichtungen hat, dann definitiv in Húsavík. Die Wale waren teilweise keine fünf Meter von unserem Boot entfernt und es gibt so gut wie keine Tage, an denen man gar keine Sichtungen hat. Die Tour ist ihr Geld (rund 60 Euro pro Person) auf jeden Fall wert!
- Ansonsten wenn möglich längere Zeit für diese wunderschöne Region einplanen, die zu meinen Favoriten Islands zählt.
Vielen Dank an die Arktische Abenteurer für die Einladung auf dieses Walabenteuer. Weitere Infos und Buchungsmöglichkeiten findet ihr hier.
Letztes Jahr im Juni konnte ich in Genua(!) – ja, richtig, in Bella Italia – 2 FINNWALE sehen. Einer davon war laut Guide gute 20 Meter lang. Freilich gab es auch Delfine zu sehen und angeblich einen Rochen, von dem aber nur eine kleine Flosse zu sehen war.
Und als besonderes Zuckerl für mich: als wir den Hafen von Genua verließen, schoss in gerade einmal 3-4 Metern Entfernung ein Schwertfisch in die Höhe. Komischerweise dürfte nur ich dieses Tier gesehen haben. Freilich schrie ich spontan auf – doch von den anderen Leuten erfolgte keine Reaktion.
Eine Beschäftigung mit dem Handy war den meisten wohl wichtiger…..