Von Robben und Trollen – Rund um die Halbinsel Vatnsnes

Niemand hat sie je gesehen und doch sind sie in Island allgegenwärtig: Trolle, Elfen und Zwerge. Zumindest nicht lebend. Denn ein versteinertes Exemplar wartet auf der entlegenen Halbinsel Vatnses im Norden der Insel auf uns. Eine Schotterstraße führt einmal rund um die Halbinsel herum und bringt uns den Fabelwesen näher. An der Küste bei Ósar kann man Hvítserkur, den versteinerten Troll besuchen, der bei einer Steinschlag-Attacke auf das Kloster Pingeyri von der aufgehenden Sonne erwischt wurde. Jedenfalls der Legende nach.

Viele Touristen verirren sich nicht nach Vatneses, denn die Ringstraße umgeht den Schlenker und führt auf direktem Wege nach Akjureri, der zweitgrößten Stadt Islands im Norden. Unser Tagesziel jedoch führt uns weit ab von der Hauptroute in die Stadt Siglufjörður, die nördlichste Stadt des Landes – rund 40 Kilometer südlich des Polarkreises. Für die Strecke dorthin haben wir einen ganzen Tag Zeit  – warum sich also nicht mal in untouristischere Gegenden wagen? Außerdem hatte Auður – übrigens ein Must-Read für alle Islandfans – mich mit ihrer Begeisterung für die kleine Insel angesteckt und ja, ich gebe zu die Chance auf Robbensichtungen tat ihr übriges.

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Über die kleine Straße 711 rumpeln wir nun also an der Küste entlang – zu unserer Rechten das brausende Meer, zu unserer Linken Wiesen und Berge mit imposanten Basaltformationen. Immer wieder versperren uns Schafe den Weg, die seelenruhig auf der wenig befahrenen Straße herumwandern. Genauso häufig wie die Schafe gibt es auf Vatnsnes Pferde, welche die saftigen Salzwiesen anscheinend ebenso zu schätzen wissen.

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Unseren ersten Stopp legen wir in Hindsvik ein, einem Gehöft, in dessen Nähe die größte Seehundkolonie Nordislands lebt. Leider ist das Gehöft für Besucher inzwischen geschlossen und so bleibt uns der Blick auf die süßen Meeressäuger verwehrt. Das macht aber nichts, schließlich gibt es auf Vatnsnes noch weitere Möglichkeiten die kleinen Kerle in freier Wildbahn zu beobachten.

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Fündig werden wir schließlich am Ostufer des Binnensees Sigríðarstaðavatn, und zwar nicht weit von da, wo auch der besagte Troll auf uns wartet. Leider versperrt uns jedoch das Meer den Weg zur Kolonie. Und so bleibt uns nur der Blick vom anderen Ufer des Sees auf die dicken runden Leiber, die sich im schwarzen Sand suhlen.

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Weniger scheu zeigt sich dagegen der Troll, bei dem es sich eigentlich um Reste eines Zentralvulkan handelt. Der Basalttroll ragt rund 15 Meter aus dem Wasser in die Höhe. Sein weißes Erscheinungsbild und damit den Namen Hvítserkur, was auf Isländisch so viel wie „weißes Hemd“ bedeutet, verdankt er dem Kot tausender Vögel, in den Felsspalten leben und brüten.

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Nachdem wir den Sigríðarstaðavatn hinter uns gelassen haben, begleitet uns der Vesturhópsvatn ein Stück des Weges. Erst ein Blick in die Karte verrät mir, dass wir uns eigentlich gar nicht am Meer befinden, sondern am Ufer zahlreicher Seen, die wie eine Perlenschnur aufgereiht zu sein scheinen.

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Am Ende des Sees treffen wir auch die Ringstraße wieder, die uns weiter nach Osten bringt und die wir kurz hinter Arnarstapi wieder Richtung Norden verlassen.Dann geht es nämlich für uns entlang des Skagafjördurs ab in die hohe Gebirgswelt rund um Siglufjörður, die im Winter ein beliebtes Skigebiet ist. Auch im Sommer kann man hier an den Hängen noch im letzten Schnee rodeln, auch wenn das Tauwetter die Wiesen hier und da mit kleinen Schmelzwasserseen bedeckt.

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Über einen Tunnel erreichen wir schließlich Siglufjörður, unsere Endstation an diesem Tag. Warum mir die Stadt so sehr ans Herz gewachsen ist, erzähle ich euch dann beim nächsten Mal.

Siglufjoerdur

Mein Island Guide: Islands Norden – Die Halbinsel Vatnsnes

Länge der Etappe: 270 Kilometer

Dauer: circa 5 Stunden reine Fahrzeit, mit Stop am Hvítserkur mindestens 6-7 Stunden (wir mussten uns etwas beeilen, um um 16 Uhr das Deutschland-Fussball-WM-Spiel nicht zu verpassen :-))

Start/Ziel: Vom Startpunkt in Saeberg bis ganz in den Norden nach Siglufjörður

Meine Highlights: Die Landschaft und dass die Halbinsel nicht so überlaufen ist. Richtige „Highlights“ gibt es nicht, aber irgendwie ist es trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) total schön. Und natürlich schneebedeckte Berge im Juni.

Mein Tipp: Alleine die Landschaft mit den kleinen Gehöften vor den Weiten des Meeres ist sehenswert und rechtfertigt einen Abstecher nach Vatnsnes. Ansonsten lautet meine ganz klare Empfehlung Siglufjörður zu besuchen und da auch eine Nacht zu verbringen. Dafür kann ich euch das Siglunes Guesthouse nur ans Herz legen. Für 93 Euro haben wir hier die schönste Unterkunft unseres Islandtrips gehabt.

-> Die Route auf der Karte

Wie hat euch diese Etappe unseres Island-Roadtrips gefallen? Ward ihr schon einmal am Polarkreis oder nah dran?

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7 Comments

  1. says: Tanja

    Mich fasziniert immer wie flach und baumlos Island ist. Steilküste ist toll. Und das Dorf sieht aus, als wäre es gar nicht echt. Ich bin schon gespannt, was du davon erzählen wirst :-)

    Liebe Grüße
    Tanja

    1. says: Jana

      Ja das stimmt, es gibt aber auch ein paar Regionen mit Baumbestand. Nächsten Sonntag gibt es dann mehr zu Siglufjördur. :-) Liebe Grüße, Jana

  2. says: Abel

    Diese „Allgegenwärtigkeit“ von Sagengestalten, insbesondere von Trollen, erinnert mich an eine von meinen Reisen nach Norwegen vor ein paar Jahren. Da standen in sämtlichen Läden, nicht nur den Touristenshops, diese aufwendig aus Plastik oder Holz geschnitzten Trollfiguren rum in Groß und Klein. Und obwohl die Leute dort ansonsten absolut modern eingestellt und vollkommen vernünftig sind, scheinen viele insgeheim irgendwie doch an die Existenz dieser Trolle zu glauben – oder zumindest daran, dass es so etwas Ähnliches mal gegeben haben könnte. Aber in Norwegen und Island gibt es so viel unberührte und urige Natur, dass man beinahe selber dran glauben möchte, dass einem hinter dem nächsten Felshaufen eine große, behaarte und menschenähnliche Kreatur Keule schwingend auflauert. ;)

    Ach ja: Tolle Bilder!

  3. says: Nadine

    Hach ja, Island ist ein beeindruckendes Land! :o) Wir durften uns davon diesen Juni überzeugen und genossen das Gefühl, als Mensch doch ganz klein zu sein…
    Liebe Grüsse aus Lappland und von gustofrenzy, Nadine

  4. says: Svenja

    Hallo Jana, in Vorbereitung unseres 1. Urlaubstage auf Island, wollte ich mal fragen, ob man diese Halbinsel Vatnsnes auch mit dem normalen kleinen PKW befahren kann/ darf?
    LG Svenja

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