Bernkastel-Kues: Wo der Wein einen Doktortitel trägt

„Wenn der Wein vom Anfang jetzt noch schmeckt, dann war er wirklich gut!“ Mir gegenüber sitzt Weingutbesitzer Pauly und zwischen uns stehen zwölf verschiedene Rieslingsorten, durch die ich mich soeben probiert habe – von trockenem Kabinett bis zur Beerenauslese, die schmeckt wie Rosinensaft. Noch den Geschmack der Beerenauslese im Mund greife ich zielsicher zu meinem Lieblingswein aus den Zwölf und nippe gespannt. Eins steht fest: Wer nach Bernkastel-Kues an die Mosel reist, muss trinkfest sein.

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Frühshoppen…

Ein Tag an de Mosel beginnt, wie der davor geendet hat: mit Wein. Die verschiedensten Sorten aus der ganzen Region kann man in der Vinothek des Weinmuseums probieren. In den alten Kellergewölben lagern rund 150 Weine, die nur darauf warten getestet zu werden. Die Mosel Vinothek in Bernkastel-Kues ist die weltweit größte Vinothek für Moselriesling und ohne das ein oder andere Gläschen Wein, kommt man hier sicher nicht raus.

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Auf den Spuren des Doktorweins

Auch bei einer Stadtführung durch die Altstadt lässt mich der Wein nicht in Ruhe. Fast jeder zweite Satz von Stadtführer Sebastian Quint beginnt oder endet damit. Eigentlich auch kein Wunder – denn Sebastian ist Wein- und Kulturbotschaftler und hat sich auch privat ganz dem Weine verschrieben. So erzählt er uns beispielsweise auch die Sage des berühmten Doktorweins. Ja, in Bernkastel-Kues trägt der Wein sogar einen Doktortitel. Der Bernkasteler Doctor ist eine deutsche Einzellage innerhalb der Großlage Badstube, direkt über dem historischen Ortskern von Bernkastel-Kues. Der Sage nach soll er bereits den Trierer Kurfürsten Boemund II. während eines Aufenthaltes auf der Burg Landshut von einer schweren Krankheit geheilt haben. Das brachte ihm den akademischen Titel ein und machte in zu einem der berühmtesten und einst teuersten Weinbergslagen der Welt.

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Zu Besuch im Weingut Pauly

Nachdem ich so viel von dem berühmten Wein gehört habe, muss ich ihn natürlich probieren – und neben ihm auch noch 11 weitere Rieslingsorten, die mir Weingutbesitzer Pauly nun einen nach dem anderen ins Glas gießt. Von acht Gramm Restsüße arbeiten wir uns zur Beerenauslese hoch. Wie viel Restsüße die hat, will Pauly aber nicht verraten. Er und seine Frau sind mit dem Weinbau aufgewachsen. Ihr Herz gehört dem Wein und das merkt man ihnen an, wenn sie fast schon zärtlich das Glas zum Mund führen. Obwohl der Betrieb inzwischen längst an den Sohn weitergegeben wurde, sind beide noch mit Herz und Seele dabei. Den Härtetest hat mein Lieblingswein, ein Ürziger Gewürzgarten aus dem Jahr 2008, übrigens bestanden. Selbst nach der Zuckerdröhnung der Beerenauslese schmeckte er noch herrlich rund und leicht.

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Wie gut, dass die Wege in Bernkastel-Kues nicht so weit sind – anderenfalls hätte ich wohl oder übel auf dem Bürgersteig übernachten müssen. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, wie viele Weine heute so in meinen Magen gewandert sind. Eins steht jedoch fest: Es ist kaum zu glauben, wie unterschiedlich so ein Riesling doch schmecken kann.

Der nächste Morgen

Ich will jetzt gar nicht näher darauf eingehen, wie schwer ich an diesem Morgen aus dem Bett gekommen bin. Aber schließlich möchte ich meinem Lieblingsweinberg einen Besuch abstatten. War der Himmel vor dem Frühstück noch grau-in-grau, haben sich nun die Wolken verzogen und geben die Sicht auf strahlend blauen Himmel frei – perfektes Wetter für einen Spaziergang durch die Weinberge.

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Nur ein paar Kilometer von Bernkastel entfernt, befindet sich der kleine Ort Ürzig. Schon von Weitem sehe ich das riesige Schild, was die berühmte Lage verkündet. Oberhalb des kleinen Ortes kann man nicht nur durch die Weinreben spazieren, sondern auch dem kleinen mediterranen Gewürzgarten einen Besuch abstatten. Besonders fasziniert bin ich jedoch von den zahlreichen Trauben, die im November noch an den Reben hängen. Diese werden nämlich erst Ende Januar geerntet. Es handelt sich um den klebrig-süßen Eiswein, mit der ich bereits am Abend zuvor bei der Weinprobe Bekanntschaft geschlossen habe. Um die edlen Trauben vor hungrigen Vögeln zu schützen, werden sie liebevoll in Folie verpackt.

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Diese „Weinherzen“ findet man übrigens vielerorts an der Mosel. Es handelt sich dabei um eine Art der „Reberziehung“, die so schon seit vielen Jahren praktiziert wird. Da die steilen Mosellagen auch heute noch teilweise von Hand gepflegt werden, findet man diese Erziehung noch sehr häufig.

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Erst als ich wieder im Zug nach Hause sitze fällt mir auf, dass ich nicht eine einzige Flasche Wein gekauft habe. Ich hätte mich einfach nicht entscheiden, welche Sorte von den gefühlten Hundert, die ich probiert habe, ich hätte mitnehmen sollen.. Was ich allerdings mitgenommen habe ist ein herrlich unfundiertes Weinhalbwissen, was sich  auf der nächsten Betriebsfeier sicher hervorragend anwenden lässt und die Erkenntnis, dass ich mich in meinem Studium vielleicht doch auf den Weinbau hätte spezialisieren sollen. Und im Geiste sehe ich mich schon mit einem breiten Strohhut durch die Weinberge streifen und zährtlich über meine Reben streicheln…

Vielen Dank an die Ferienregion Bernkastel-Kues, die meine Reise an die Mosel unterstützt haben.

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8 Comments

  1. says: Jessi

    Das war aber auch lecker! :-)
    Und du hast recht, wir haben so einiges über Weine gelernt an dem Wochenende. Ein wirklich spannendes und köstliches Thema!

    Liebe Grüße und bis bald
    Jessi

  2. says: Anja

    Ein Wochenende an der Mosel …und glatt vergessen, „Proviant“ mit nach Hause zu nehmen :-). Jana, dann musst Du einfach wieder kommen!
    Super schöne Impressionen – danke Dir! Und vielleicht sieht man sich bei einer Eurer nächsten Touren durch’s WeinReich.
    Liebe Grüße
    Anja

  3. Ein sehr schöner Bericht mit tollen Fotos. Interessant fand ich den Kommentar, dass Riesling sehr unterschiedlich schmecken kann, obwohl es immer die selbe Weinsorte ist. Die Vielfalt im Wein ist bewundernswert!

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