Ein Novemberwochenende in Nürnberg

Wer braucht da schon den Christkindlesmarkt?!

Kulturell, kulinarisch und kaaalllt – das war es mein Wochenende in Nürnberg. Nach einmonatiger Reisepause war ich schon ganz kribbelig und es höchste Zeit mal wieder ein Wochenende unterwegs zu sein. Auch wenn die fränkische Hauptstadt mit seiner wunderschönen historischen Altstadt und ordentlich Schlemmerpotential aufwartet, war ich doch vorrangig in Nürnberg um meine alten Unifreundinnen zu besuchen. Liebe Freunde und interessante Kultur: was will man mehr an einem grauen Novemberwochenende?

Okay schönes Wetter, das wäre nett gewesen, aber man kann ja nicht alles haben. Trotz der grauen Nebelschwaden, die vor dem Fenster vorbeiziehen, lassen wir uns unsere gute Laune nicht verderben und starten zu einer Sightseeingtour durch die historische Altstadt von Nürnberg. Ich war bereits vor etlichen Jahren schonmal in der Stadt, kann mich aber außer an die schöne Burg in der wir genächtigt haben (die Jugendherberge in Nürnberg befindet sich in den historischen Mauern der Kaiserburg, den Christkindelmarkt und einen Schwan an der Pegnitz an nicht wirklich etwas erinnern.

Wir beginnen unsere private Stadtführung in der Lorenzer Altstadt am Ludwigsplatz.  Der Weiße Turm, gegenüber der ehemaligen Deutschordenskirchen St. Jakob und St. Elisabeth, stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist ein Wehrbau der vorletzten Stadtbefestigung Nürnbergs. Gefertigt wurde er aus Sandstein welcher ursprünglich mit hellem Putz versehen war, weshalb der heute rote Turm den Namen Weißer Turm trägt.

Unmittelbar hinter dem weißen Turm verbirgt sich das sogenannte Ehekarussell.  Der Architekturbrunnen, eigentlich Hans-Sachs-Brunnen, gilt als größter europäischer Figurenbrunnen des 20. Jahrhunderts. Der Brunnen wurde im Auftrag der Stadt Nürnberg im Jahr 1984 von dem Bildhauer Jürgen Weber erbaut. Er verdankt seine Existenz einem U-Bahnschacht, den die Stadt Nürnberg mit seiner Anwesenheit kaschieren wollte. Wegen seiner expressiven figürlichen Darstellungen ist und ist das Ehekarussel stark umstritten. Meine Meinung? Die Idee, den hässlichen U-Bahn-Schacht zu verdecken ist ja prinzipiell eine gute, aber warum muss man das gerade mit solch einem düsteren Kunstwerk tun? Die Kunstliebhaber unter euch dürfen mich gerne eines besseren belehren.

Als wir den Hefnersplatz in Richtung der Lorenzkirche entlang schlendern wird es um uns herum merklich voller. Zahlreiche Geschäfte locken die Menschen trotz der Kälte aus den Häusern. Schließlich müssen ja schon einmal die ersten Weihnachtsgeschenke gekauft werden.

Die Lorenzkirche birgt in ihren Mauern nicht nur viele schöne Kunstwerke, sondern sie ist selbst als hochgotische Basilika ein Kunstwerk für sich. Das imposante Gotteshaus wurde im 12. und 13. Jahrhundert erbaut, an der Stelle an der sich vorher eine Kapelle befand, die dem „heiligen Lorenz zum heiligen Grab“ geweiht war.

Erst im Inneren, bemerkt man ihre umfassbaren Ausmaße. Die wenigen Touristen, die mit uns einen Blick in die Kirche gewagt haben, wirken fast wie verloren in diesen riesigen schwarz-grauen Mauern. Die Einrichtung an sich ist eher schlicht gehalten. Die kunstvollen Kirchenfenster, von deinem jede Fensterkachel seine eigene Geschichte erzählt, sind ein bunter Lichtblick am Ende des Kirchenschiffs.

Am Lorenzplatz beginnt der Wochenmarkt, der sich bis über die Museumsbrücke zieht. Wir folgen den bunten Ständen und bemitleiden die armen Marktfrauen, die eingemummelt in ihre mehrschichtige Kleidung trotzdem zu frieren scheinen. Auch uns wird nicht so richtig warm, während wir durch die Straßen schlendern. Das wird sich erst später ändern, wenn wir zur Burg hinaufsteigen, aber dazu später mehr.

Bevor es nämlich zur Burg hinauf geht, kommen wir am Hauptmarkt vorbei. Dort findet jedes Jahr in der Aventszeit der berühmte Nürnberger Christkindlesmarkt statt. Räuchermännchen aus dem Erzgebirge erfüllen den Platz mit ihrem herben Duft, gepaart mit einer süßlichen Duftnote von Zuckerwatte und gebrannten Mandeln. Ich schmecke schon förmlich den Glühwein auf der Zunge, als ich verlassenen Stände auf dem Markt stehen sehe. In Gedanken stelle ich mir den Trubel vor, der in gut zwei Wochen hier an dieser Stelle herrschen wird. Und irgendwie bin ich froh, dass ich dem entgehe. Auch wenn der Christkindlesmarkt ein tolles Ereignis ist – das ich schon vor Jahren erleben durfte – bin ich doch froh über die Ruhe vor dem Sturm, die zur Zeit noch über der Stadt liegt.

Dort, an der Ostseite des Hauptmarkts, steht die Frauenkirche. Die römisch-katholische Pfarrkirche wurde im 14. Jahrhundert erbaut. Über dem Hautportal kann man ein ganz besonderes Schauspiel erblicken: Das Männleinlaufen. Jeden Tag um 12 Uhr verlassen die „Männlein“ ihr Versteck und beglücken die Besucher mit einem Glockenspieltheater. Leider waren wir zu spät dran, um die Männlein zu sehen. Statt dessen werfen wir einen Blick in die Kirche hinein, die jedoch nicht mit der Imposanz der Lorenzkirche mithalten kann.

Der Schöne Brunnen fällt mit seinen 19 Metern Höhe und der Form einer gotischen Kirchturmspitze sofort ins Auge. Er befindet sich am Rande des Hauptmarkts direkt neben dem Nürnberger Rathaus  und gehört als eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt Nürnberg zur Historischen Meile Nürnbergs. Er wurde 1385–1396 von Heinrich Beheim erbaut. An seinem Gitter sind zwei bewegliche Ringe eingebaut, ein goldener direkt an der Hauptseite und ein schwarzer, an der Rückseite des Brunnens. Das drehen des Ringes soll Glück bringen – nur darf man nicht den falschen Ring drehen. Den Touristen wird weiß gemacht es sei der goldene Ring, der einen Wunsch in Erfüllung gehen lässt. Statt dessen ist es jedoch der schwarze, unscheinbare Ring, der einem Glück und Reichtum verschafft. Ich warte heute noch darauf…

Der unscheinbare schwarze Ring

Ich versuche mein Glück

Der prunkvolle goldene Ring

Nun geht es hinauf zur Nürnberger Burg. Das Wahrzeichen der Stadt besteht aus der Kaiserburg und der Burggrafenburg. Nach den Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Burganlage nach historischem Vorbild wiederaufgebaut. Die Burg thront hoch oberhalb der Sebalder Altstadt und bietet einen fantastischen Blick auf ganz Nürnberg. Ich bin ja sonst ein totaler Gutwetterfan, aber irgendwie musste ich in Nürnberg feststellen, dass gerade dieser leichte Nebel eine ganz eigene, mystische Stimmung über die Stadt legte.

Blick von den Freiungen über die Nürnberger Altstadt

Kleine Fachwerkhäuser gehören zur Burganlage

Blick vom zweiten Tor zurück zum ersten Tor

Im Norden der Burg befindet sich der Burggraben. Hier – hoch über dem Abgrund – soll sich eine Sage abgespielt haben: Der Raubritter Eppelein von Gailingen wurde in Nürnberg zum Tod am Galgen verurteilt. Der Legende zufolge soll er mit seinem Pferd über die Mauer des Nürnberger Burggrabens gesprungen und entkommen sein. Auch heute noch kann man die Hufabdrücke seines Pferdes in der Mauerwand entdecken.

Gaststätte Burgwächter

Ganz in der Nähe der Burg befindet sich ein weiteres Highlight von Nürnberg: Das Albrecht-Dürer-Haus. Am Tiergärtner Tor befindet sich das alte Fachwerkhaus aus dem Jahr 1420, das von 1509 bis zu seinem Tod 1528 Wohn- und Arbeitsort des Malers war. Heute ist in dem Gebäude ein Museum untergebracht. Auch weitere schöne Gebäude tummeln sich um den kleinen Platz und so kommt es, dass ich das Dürerhaus zunächst mit einem anderen Gebäude verwechsele. „Oh das Dürerhaus ist aber schön“ rufe ich entzückt und schwinge die Kamera. „Äh nein, das ist aber nicht das Dürerhaus“ antwortet meine Freundin. „Oh naja ist auch schön“ erwidere ich und bringe ein paar Touristen auf der Straße zum Lachen.

Das „falsche“ Dürerhaus

Das echte Dürerhaus

Das Tiergartentor ist übrigens noch ein Teil der alten Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert. Der Name des Tores bezieht sich auf ein Wildgehege des Burggrafen im Stadtgraben.

Vor dem Tor steht der berühmte Dürerhase. Die Bronzeskulptur von Jürgen Goertz st eine Hommage an Dürers Aquarell “Der Feldhase”, welches sich heute in der Albertina in Wien befindet. Irgendwie wirkt die Skulptur bedrohlich und interessant zu gleich und ist ein beliebtes Fotomotiv.

Die Weißgerbergasse gehört zu den wenigen größtenteils erhaltenen Baudenkmalensembles der Nürnberger Altstadt. Über 20 Fachwerkhäuser haben hier unbeschadet den zweiten Weltkrieg überstanden. Für mich ist die kleine Straße mit ihren schiefen bunten Fachwerkhäusern eines der schönsten Straßenzüge Nürnbergs, wenn nicht sogar Deutschlands. Der Name der Gasse kommt von den Weißgerbern, die im Mittelalter dort ansässig waren und mit Hilfe von Alaun, Kochsalz, Mehl, Eiern und Baumöl rohe Tierhäute zu feinem, hellen Leder (Weißleder) verarbeiteten.

Wir wenden uns wieder der Pegnitz zu und gelangen über den sogenannten Kettensteg zurück auf die Lorenzer Stadtseite. Die rund 68 Meter lange eiserne Brücke ist etwas ganz besonderes, sie ist nämlich die älteste erhaltene eiserne Hängebrücke Kontinentaleuropas.

Entlang der Pegnitz, die sich übrigens quer durch Nürnberg windet, sind noch die letzten Herbstboten zu sehen. Der idyllische Fluss hat es mir angetan und erinnert mich ein wenig an das Petite France in Straßburg oder das Fischerviertel in Ulm – beides Städte, die ich sehr liebgewonnen habe. Und auch Nürnberg schließe ich an diesem Tage in mein Herz.

 

Henkersteg

Nürnberg by Night

Was schon im hellen toll aussah, ist im Dunkeln ein Traum. Die alten Gebäude sind in ein zartes Licht getaucht, der schöne Brunnen strahlt leuchtend über den ganzen Hauptmarkt. Wenn meine Freundinnen nicht so sehr gefroren hätten – okay das habe ich auch, aber für ein gutes Foto vergesse ich alles um mich herum – und wir nicht einen Tisch in der besten Sushibar Nürnbergs reserviert gehabt hätten, hätte ich noch stundenlang fotografierend durch die Straßen ziehen können. Aber manchmal, auch nur manchmal, muss man eben das Foto auch mal Foto sein lassen und die Stadt einfach so auf sich wirken lassen.

Wie hat euch Nürnberg kulturell gefallen? Wart ihr schon mal in der Frankenmetropole?

Falls ihr euch jetzt fragt, wo ich denn das ganze Schlemmerpotential gelassen habe: meinen Schlemmerguide von Nürnberg gibt es dann beim nächsten Mal. Ihr kennt ja mein Motto: Eine Reise ohne Essen ist keine gute Reise!

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9 Comments

  1. says: Christina

    Eine wirklich hübsche Stadt mit flaschen oder echten Dürerhäusern. :D
    Nur die Bronzeskulpturen finde ich echt hässliche. xD

    Liebe Grüße
    Christina

  2. says: Dani

    Kann einen Besuch vor allen in der Adventszeit in Nürnberg nur empfehlen und natürlich muss der Griff „an den schwarzen Ring sein“. Toller Bericht mit sehr schönen Fotos.
    Danke sagt Dani

  3. says: Jessi

    Meine Eltern waren ja auch ganz begeistert von Nürnberg und jetzt, wo ich deine Bilder sehe, verstärkt sich mein Wunsch, da mal hinzufahren! :-)

    Bussi

  4. says: Lara

    Waren wir vielleicht zur selben Zeit in Nürnberg, kann das sein?!
    Ich war MItte November dort und letztes Wochenende, da ich nach Nürnberg ziehen will und wir uns dort Wohnungen angeschaut haben.
    Die Fotos sehen echt toll aus und ich merke auch gerade, dass ich ja noch längstens nicht alles gesehen habe. Irgendwo hat man dann so nach Wohnungsbesichtungen keinen Nerv mehr noch die Altstadt zu entdecken…eigentlich schade. Aber bald haabe ich ja öfters Zeit dafür.

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