Lieserpfad – Trekking auf dem schönsten Wanderweg der Welt

„Na, wo geht es diesmal hin“, fragt mich meine Nachbarin, als sie mir an der Haustür begegnet. Aber statt irgendein fancy Reiseziel zu nennen, wie sie es vielleicht erwartet hatte, erzähle ich ihr von meiner geplanten Trekking-Tour in der Eifel. Diese Antwort hat sie sicher mehr überrascht, als wenn ich Mongolei, Taschikistan oder sonst irgendetwas geantwortet hätte. Aber warum? Müssen wir immer um die halbe Welt reisen um ein Abenteuer zu erleben? Ich finde nein, und genau deshalb habe ich mich an diesem Sonntag morgen mit Rucksack, Zelt und Verpflegung für zwei Tage auf den Weg in die Eifelwildnis gemacht.

Und Wildnis trifft es in diesem Falle. Denn die Wanderroute, die ich mir für mein Trekkingdebue in Deutschland ausgesucht habe, führt mich in zwei Tagen entlang des Lieserpfads durch einen sehr ursprünglichen Teil der Eifel. Stundenlang werde ich keiner Menschenseele begegnen und außer meinen Fußstapfen, dem Rascheln des Laubs unter meinen Füßen und Vogelgezwitscher nichts hören werde. Nein, auch mein Handy gibt die meiste Zeit keinen Mucks von sich. Netz, was ist das?!  Aber alles der Reihe nach.

Warum der Lieserpfad perfekt für Trekking-Einsteiger ist!

Wer sich ein wenig mit dem Thema Trekking (also Wandern mit Zelt!) in Deutschland beschäftigt hat, steht schnell vor einem großen Problem: Wildcampen ist in Deutschland verboten. Und Rheinsteig, Hexenstieg und Co sind nicht gerade für ihr hohes Vorkommen an öffentlichen Camps bekannt. Doch meine Recherche ergab: Die Zwei-Tages-Wanderung auf dem Lieserpfad setzt eine Übernachtung in Manderscheid voraus und da gibt es tatsächlich einen Naturcampingplatz, auf dem man quasi fast mitten in der Wildnis übernachten kann. Mit dem Vorteil, dass am nächsten Morgen eine heiße Dusche wartet. (Die war auch bitter nötig. Aber dazu später mehr.)

Tag 1 – Oberer Lieserpfad

Von Daun nach Manderscheid
Länge: 15,5 Kilometer
Dauer: 4 Stunden
Aufstieg: 500 Höhenmeter

Nachdem ich meine Tour wetterbedingt immer wieder verschieben musste (Ich hab zwar Patagonien überlebt, aber ich stelle mir wahrlich besseres vor als bei Regen durch die Eifel zu stapfen), war es dann Mitte Oktober soweit: Ich machte mich auf den Weg ins 70 Kilometer entfernte Manderscheid und startete mein kleines Abenteuer.

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Von Daun mache ich mich zunächst auf den Weg zum Gemünder Maar. Der Vulkansee ist nur einer von vielen Zeitzeugen vulkanischer Aktivität, die einst in der Eifel tobte. Heute ist das Maar weniger spektakulär, aber dafür ein umso schönerer Badesee. Von dort folge ich nun dem ausgeschilderten Lieserpfad nach Manderscheid. Der Weg hat seinen Namen übrigens vom Fluss Lieser, dem ich von nun an die nächsten zwei Tage folgen werde. Obwohl Sonntag ist begegne ich nur wenig anderen Wanderern. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich im Packtrubel erst viel zu spät losgekommen bin.

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Abwechselnd neben dem Fluss, hoch über ihm auf Schieferkämmen oder durch den dichten Wald führt mich der Weg immer tiefer in die Eifelwildnis hinein. Handyempfang? Fehlanzeige! Ich genieße statt dessen die Natur und beobachte die Kühe auf der Weide mir gegenüber, als ich mich schließlich zur Mittagsrast auf einer Bank niederlasse.

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Ich bin überrascht, wie wenig mir das Gewicht meines Rucksacks zu schaffen macht. Auch wenn ich nur zwei Tage unterwegs sein werde, braucht man als Camper doch so einiges an Equipment und auf mein warmes Abendessen mag ich auf keinen Fall verzichten. Aber es scheint als habe sich das Rückentraining endlich ausgezahlt.

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Als ich kurz vor dem Ziel bin, begegne ich einer größeren Gruppe Wanderer an einer Schutzhütte. In einem kurzen Plausch erfahre ich, dass sie gerade den Eifelsteig erwandern. Schnell verabschiede ich mich, denn wenn ich mir etwas wünsche in diesen Tagen ist es Ruhe, Besinnung und Einsamkeit. Kurz vor Manderscheid führt mich dann ein Wegweiser weg vom Hauptweg und direkt zum Campingplatz, der etwas außerhalb der Stadt auf einer Hochebene liegt. Ich hatte erwartet an diesem Sonntag Abend die einzige dort zu sein, aber es sind tatsächlich noch ein paar hartgesottene Camper dort. Zelten tut aber keiner. Doch. Ich.

Es wird schon langsam dunkel (und kalt) als ich mein Zelt auf der großen Zeltwiese aufbaue, die vom Wald zur einen und Büschen zur anderen vom kalten Wild abgeschirmt wird. Ein bisschen verloren sieht mein kleines Zelt schon aus auf der großen Wiese und es fühlt sich ein wenig an wie Wildcampen. Nur eben mit Dusche und Toilette in Reichweite.

Nachdem ich mir auf dem kleinen Campingkocher mein Essen gemacht habe, bin ich bereits durchgefroren. Dankbar nutze ich die Möglichkeit der heißen Dusche bevor ich es mir in meinem Schlafsack gemütlich mache. Ich ziehe das Gummiband so weit zu, dass gerade einmal meine Augen aus dem Schlafsack herausgucken und höre zum Einschlafen noch ein bisschen Hörbuch. Ein bisschen Entertainment darf ja auch auf einer Trekking Tour sein.

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Tag 2 – Unterer Lieserpfad

Von Manderscheid nach Wittlich
Länge: 25 Kilometer
Dauer: 7 Stunden
Aufstieg: 900 Höhenmeter

Es ist 0:13.Ich frage mich, was kälter ist: mein Gesicht oder meine Füße, als ich mitten in der Nacht aufwache. Wahrscheinlich vor Kälte. Doch das Schlimmste: ich muss aufs Klo – und das ist ein paar Hundert Meter entfernt. Also schäle ich mich aus dem Schlafsack und rein in meine Klamotten und stiefele los. Der Himmel über mir ist klar und der Raureif knistert unter meinen Füßen. Egal wie kalt es ist, es ist auch sooo schön.

Zurück am Zelt schnappe ich mir meine Kamera und halte den Moment fest. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte diese Nacht gut geschlafen. Aber irgendwann ist es schließlich Zeit aufzustehen, denn ich habe viel vor an diesem Tag. Die heiße Dusche wirkt Wunder und ich fühle mich tatsächlich einigermaßen fit. Wenn da nur nicht der schmerzende Rücken von gestern wäre, der mich plagt. Also doch nicht so fit wie ich gehofft hatte.

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Doch es hilft nichts: nachdem ich das Zelt enteist!!! und eingepackt und mir meinen Frühstücksbrei habe schmecken lassen, wird es Zeit aufzubrechen. Sind die ersten Schritte noch langsam und schwerfällig, wird es Meter um Meter leichter. Schnell erreiche ich den Ortskern von Manderscheid mit den zwei schönen Burgruinen drum herum, den ich aber genauso schnell wieder verlasse. Zurück auf dem Lieserpfad geht es oberhalb des Flusses teilweise in einer Art Gradweg durch den Wald. Ich genieße die unglaubliche Morgenstimmung und die Kälte der Nacht ist wie weggeblasen. Ich sollte mich viel öfter mal morgens zu einer Wanderung aus dem Bett quälen.

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Da Montag ist, sind kaum andere Menschen unterwegs. Und der zweite Teil des Wandertour toppt den gestrigen um Längen. Der Weg ist spannend von der ersten Minute an. Besonders auf den ersten fünf Kilometern führt er über Brücken und Geländer entlang eines steilen Schiefegrades – vorbei an moosbewachsenen Felsen und durch dichte Wälder. Immer wieder eröffnet sich an schönen Aussichtspunkten eine tolle Rundumsicht auf die umliegenden Eifelhügel.

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Das einzige Problem: mit 25 Kilometern und knapp 1000 Höhenmeter ist der Weg nicht gerade kurz beziehungsweise leicht – vor allem nicht, wenn man locker 8 Kilo auf dem Rücken mit sich herumschleppt. Als ich mich erschöpft auf dem Burgberg zur Rast niederlasse, habe noch mehr als die Hälfte der Strecke vor mir. Uff! Irgendwie habe ich es dann am Ende doch geschafft, auch wenn ich mich bis heute frage wie. Wie sagt man so schön: Manchmal muss man einfach an seine Grenzen gehen um zu erfahren, dass man noch lebt.

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Ein kleiner Tipp: Wem die ganze Wegstrecke zu lang ist, kann sich übrigens an der Pleiner Mühle abholen lassen oder von dort ein Taxi nehmen. Gutes Essen soll es dort auch geben. Nur Montag hat sie leider Ruhetag. Äh ja, genau. Und so blieben mir auch die letzten fünf Kilometer bis Wittich nicht erspart, obwohl die letztendlich weniger schlimm waren, als die fünf davor. Es ist immer wieder faszinierend, was man noch aus seinem Körper herausholen kann, wenn man schon lange denkt, es geht nichts mehr.

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Ist der Lieserpfad nun der schönste Wanderweg der Welt?

Was es nun mit dem schönsten Wanderweg der Welt auf sich hat? Diese zugegeben etwas hochtrabende Aussage stammt von Manuel Andrack, Ex-Comoderator von Harald Schmitt aus seinem Buch „Du musst wandern“:

Der Lieserpfad ist der schönste Wanderweg der Eifel. Die Eifel ist das schönste Mittelgebirge Deutschlands. Deutschland ist das beste Wanderland der Welt. Also ist der Lieserpfad der schönste Wanderweg der Welt. Quod est demonstrandum.

Ob es nun der schönste Wanderweg der Welt ist, würde ich ehrlich gesagt bezweifeln, schließlich habe ich selbst schon einige grandiose Wanderwege dieser Welt erkundet. Aber der schönste der Eifel: vielleicht! Auf jeden Fall ein toller Weg, der Vergleiche gar nicht nötig hat und den der Wanderer mit seiner eher subtilen, unaufregenden und ursprünglichen Art nur ins Herz schließen kann.

Was war das größte Abenteuer, dass du vor der Haustür erlebt hast? Und kennst du noch weitere (legale) Trekkingrouten  in Deutschland?

PS: Kennst du auch schon mein Video zum Lieserpfad kombiniert mit der Frage, was Abenteuer für mich bedeutet?

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14 Comments

  1. says: neni

    Haha dein Zitat zum Ende hin, fasst den Wanderweg ja sehr gut zusammen!
    Und du hast recht, so schöne Abenteuer warten vor der Tür. Ich kannte den Weg z.B. gar nicht. Sollte ich aber mal schnell nachholen, wenn ich mir die Bilder so anschaue.

  2. says: Iwona von sport-macht-gluecklicher.de

    Hallo Jana,
    ein toller Artikel mit wunderschönen Bildern. Ich finde es ganz mutig, alleine im Zelt im Wald zu übernachten. Mittlerweile gehe ich gerne alleine in die Berge, besteige einen Zweitausender oder fahre 50-100 km Rennrad in Oberbayern, aber ich würde mich nicht trauen, alleine im Zelt zu übernachten. Ich kann nicht mal ein Zelt aufbauen. Mit dem Trekking habe ich überhaupt keine Erfahrung, aber wir werden das mit meinem Freund im nächsten Jahr nachholen (z. B. Zelten im Karwendelgebirge im Sommer).

    Mit deiner Frage nach dem größten Abenteuer, hast du mich inspiriert, einen Artikel auf meinem Blog über eine Tour aus dem letzten Jahr zu schreiben. Seit 2,5 Jahren probiere ich immer wieder neue Sachen aus und erlebe viele kleine und größere Abenteuer. Mein größtes Abenteuer bisher war eine dreitätige Rennradtour von Dachau nach Salzburg und Bad Reichenhall am heißesten Wochenende im Juli 2014. Als eine frischgebackene Rennradfahrerin (nur 2 Wochen Erfahrung) hatte ich noch keine Kondition, um 120 km am Tag bei der Hitze zu fahren, aber es hat mich irgendwie gereizt, eine solche weite Strecke aus der eigenen Kraft zurückzulegen und nur mit einer kleinen Satteltasche unterwegs zu sein. Abends, nach 100 km, war ich sehr erschöpft und mein Freund musste einiges ertragen. Am dritten Tag, nach insgesamt 270 km Fahrt beendeten wir unsere Tour am Bahnhof in Bad Reichenhall, stiegen in den Zug ein und waren in zwei Stunden zu Hause. Man könnte sich fragen, wozu man sich derart anstrengt, wenn man eine gleiche Strecke mit schnelleren Verkehrsmitteln bequem erreichen kann. Das kann stimmen, aber in 2 Stunden im Auto oder Zug sieht man nicht so viel Schönes und erlebt man alles nicht so intensiv. Deshalb bleibt meine erste Rennradtour tief in meiner Erinnerung und ich halte sie für mein größtes Abenteuer bisher.

    LG
    Iwona

  3. says: Martin

    Hallo Jana , ein toller Bericht, der mich dazu ermutigt ab Mittwoch den Liesepfad zu gehen. Habe diesen Sommer bereits den Harzer Hexenstieg gemeistert.
    Kennst Du vielleicht noch den Namen von diesem Campingplatz?

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