In letzter Zeit habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, was einen guten Wanderweg ausmacht. Muss es immer ein Zertifikat vom Deutschen Wanderverband sein? Braucht es eine möglichst hohe Punktzahl? Müssen es immer spektakuläre Ausblicke sein? Oder reicht nicht manchmal die Natur selbst? Auf meinen Streifzügen durch meine neue Heimat, habe ich immer wieder feststellen müssen, dass es doch die kleinen Dinge sind, die für mich eine gelungene Wanderung ausmachen. Der Duft der Blumen auf der Wiese, das rauschen der Bäume im Wind oder die Schafe, die auf der Weide grasen. Oder ein gutes Essen nach getaner „Arbeit“.
Es sind diese Wanderungen, bei denen man sich ganz fallen lassen kann. Nein, hier warten nicht hinter jeder Ecke neue Highlights – zumindest nicht offenkundig. Nein, hier kann man das Hier und Jetzt genießen und die Sinne für die kleinen Dinge schärfen. Wie erholsam das sein kann, musste ich kürzlich bei meiner Wandertour auf dem Fürstenweg feststellen, einer der neuen Rheinsteig Rundtouren im Gebiet des Romantischen Rheins, die oberhalb des Neuwieder Beckens durch das Wiedtal führt.
Start und Ziel der Rundtour ist das Schloss Monrepos, das heute ein Archäologische Forschungszentrum und Museum beherbergt. Direkt auf dem Parkplatz werden wir von dem roten Rheinsteig Rundweg-Wegweiser begrüßt, der uns auf den kommenden zehn Kilometern begleiten wird. Und das tut er ziemlich gut. Und so verpassen wir auch die erste Abzweigung nicht, die uns aus dem Wald heraus auf eine weite Lichtung führt, die uns einen ersten Überblick über die sanften Hügel des Wiedtals verschafft. Das Wiedtal kenne und liebe ich bereits von meinen Rennradtouren, aber so schön wie hier, mitten in der Natur, ist es auf der Straße natürlich nicht.
Vielleicht liegt es an den paar Regentropfen heute morgen, dass uns hier keine Menschenseele begegnet. Aber inzwischen schafft es die Sonne immer wieder die Wolken zu verdrängen und die Sicht auf den stahlblauen Himmel freizugeben. Jeder Sonnenstrahl ist eine Wohltat, denn für Ende Mai ist es noch erstaunlich kühl. Das bekommen wir besonders auf den Waldpassagen zu spüren, die immer wieder für Abwechslung in der Wiesenlandschaft sorgen.
Immer tiefer hinab ins Wiedtal führt uns der Weg. Wer die anstrengenden Passagen also lieber gleich am Anfang haben möchte, sollte besser am tiefsten Punkt in Altwied starten. Alle anderen können die Tour dagegen entspannt mit dem Abstieg beginnen.
Nach rund vier bis fünf Kilometern lassen wir schließlich den Sengendorfer Wald hinter uns und erreichen das grüne Ufer der Wied, die sich wildromantisch durch das gleichnamige Tal schlängelt. Die kommenden zwei Drittel des Weges wird sie von nun an unser ständiger Begleiter sein. Mal am Ufer entlang, mal über die sanften Höhen rechts und links führt uns der Weg wiedabwärts Richtung Altwied.
Wer eine Pause benötigt, kann bereits hier in der Laubachsmühle einkehren, auf deren gemütlicher Terrasse man dem plätschernden Wasser des Flusses lauschen kann. Wir haben aber andere Pläne für die Einkehr und lassen daher die Mühle zügig hinter uns.
Wenig später erreichen wir Altwied, das eingebettet in eine fast 360 Grad-Schleife des Flusses liegt. Der kleine Ort besticht durch seine historische Altstadt samt Burgruine und Stadtmauer. Leider lässt sich die Burg nur mit Voranmeldung besichtigen und ist ansonsten verschlossen.
Auch wenn man sich für einen Rundgang durch den Ort vom Wanderweg entfernen muss, lohnt sich dieser Umweg auf jeden Fall. Wer möchte kann auf der kleinen „Hauptstraße“ von einem zum anderen Ende laufen, dort über eine Brücke die Wied überqueren und anschließend auf der anderen Wiedseite zurück Richtung Ausgangspunkt schlendern. Der Waldweg am Wiedufer trifft praktischer Weise direkt auf den Fürstenweg, dem man einfach ohne Suchen weiter folgen kann.
Durch das Naturschutzgebiet „Auf der Hardt“ geht es nun durch abwechslungsreiche Kulturlandschaft, die mich schließlich auch zu dem Titel dieses Artikels inspirierte. Auf den Weiden rechts und links des Weges stehen Pferde, Ziegen und Hühner und zahlreiche Steuobstwiesen säumen den Weg.
Erst als sich schließlich der weite Blick auf das Neuwieder Becken auftut merken wir, dass wir auf den letzten Kilometern doch den ein oder anderen Höhenmeter zurückgelegt haben. Uns zu Füßen liegt der Stadtteil Sengendorf, der Blick reicht jedoch weit bis zum Rhein.
Um die Landidylle perfekt zu machen, passieren wir kurz vor unserem Ziel noch eine riesige Herde grasender Schafe, bevor wir ein letztes Mal in den Wald eintauchen, der uns kurz vor Monrepos wieder ausspuckt. Eine Skihütte am Wegesrand lässt vermuten, dass die Gegend sich wohl auch dem Wintersport verschrieben hat. Das muss ich mir im nächsten Winter unbedingt genauer ansehen.
Was wäre jede Landidylle ohne die passende kulinarische Untermalung. Die finden wir im Hahnhof, einem Bauernhof mit Hofladen und Wirtschaft, der mich schon bei der Recherche so begeistert hat, dass es nur gut werden konnte. Und soll ich dir was sagen: Es wurde noch besser.
Zwischen hauseigenen Bisons, Schweinen und Rinder, die es auf den weiten Wiesen des Anwesens gut haben speisen wir in der rustikalen Gaststube des alten Fachwerkhauses. Noch vor Öffnung um 15 Uhr sind die ersten Gäste anwesend und der Gastraum füllt sich schnell bis auf den letzten Platz. Die Küche ist bodenständig mit leckeren Bratkartoffeln und hauseigenem Biofleisch – ein gelungener Abschluss eines gelungenen Wandertages.
Wandern auf dem Fürstenweg: Infos & Tipps
Auch wenn die Wanderung als mittelschwer und mit einer Gehzeit von vier Stunden angegeben ist, würde ich sie eher als leicht einstufen. Der Weg führt größtenteils auf breiten Forstwegen und die gut 300 Höhenmeter verteilen sich gleichmäßig ohne steile An- oder Abstiege. Auch die vier Stunden halte ich für sehr hochgegriffen – auch mit zahlreichen Pausen und Fotostops sind wir bereits nach dreieinhalb wieder am Ausgangspunkt – somit ist die Route auch prima für Wanderneulinge geeignet. Alles in Allem ergibt das eine perfekte Halbtagestour, die den Wanderer durch eine eher unbekannte Gegend des Wiedtals führt und besonders jetzt im Sommer ein Genuss ist.
Neben dem Fürstenweg gibt es noch 19 weitere neue Runwege, die perfekt sind um mal erste Rheinsteigluft zu schnuppern, ohne die „Widrigkeiten“ einer Streckenwanderung in Kauf nehmen zu müssen. Ich werde sicher noch die ein oder andere Schleife beziehungsweise Rheinsteigetappe in Angriff nehmen.
Weitere Wanderwege in der Region habe ich dir übrigens in meinem Liebeslied über den Naturpark Rhein-Westerwald vorgestellt, durch den auch der Fürstenweg führt. Was der Weg allerdings mit Fürsten zu tun hat, hat sich mir bis zum Ende nicht wirklich erschlossen. Da hätten sich die Namensgeber mal ein bisschen mehr einfallen lassen können…
Um zu meiner Eingangsfrage zurück zu kommen: Nein, für mich muss es beim Wandern nicht immer höher, schneller, weiter sein, ich finde, das hat diese Tour eindrucksvoll bewiesen. Oder wie siehst du das?
Erzähle mir doch deine Meinung zu dem neuen „Premiumfiber“ in den Kommentaren!
Hallo! Ein wirklich toller Artikel und sehr schönen Bildern =) Da ich im Winter Urlaub in Meran mache, suche ich noch nach einem Kurzurlaub im Sommer, und der Fürstenweg scheint genau perfekt zu sein für einen kurzen Wanderurlaub =) Vielen Dank für diesen Artikel und viele Grüße
Danke liebe Lorena!