In Sintra werden Märchenträume wahr

Wenn du in Lissabon bist, musst du unbedingt nach Sintra fahren!“, ich weiß nicht wie oft ich diesen Tip in der Planungsphase unseres Portugaltrips gehört habe. Das märchenhafte Sintra verzaubert die Menschen – und das schon seit Jahrhunderten. Wie der literarische Held der portugisischen Familiensaga „Die Maias“ treffend sagte: „In Sintra ist alles Himmlisch“. Wer sich früher etwas leisten konnte, baute sich hier eine Sommerresidenz. Seit 1995 zählt Sintra mit seinen unzähligen Palästen und Burgen zum Weltkulturerbe. Ob die Stadt uns wohl auch verzaubern wird?

Mit dem Zug erreicht man Sintra von Lissabon aus in etwa 20 Minuten. Die Züge fahren etwa alle 20 Minuten vom Bahnhof Rossio ab. Wendet man sich vom Bahnhof in Richtung der Altstadt, kommt man zunächst am Rathaus vorbei. Der neomanuelinische Bau (prunkvoller Baustil, der nur in Portugal bis zum 16. Jahrhundert vorkam) aus dem frühen 20. Jahrhundert weckt bereits ersten Märchenassoziationen. Architektonisch sollen die Verzierungen an das goldene Zeitalter der Seefahrer erinnern.

Die Straße die uns zur historischen Altstadt bringt, ermöglicht uns bereits einen fantastischen Blick auf die hügelige Landschaft. Quasi auf jedem dieser Hügel sitzt eines der fantastischen Paläste und Burgen, die Sintra zu dem machen, was es heute ist: ein megatouristisches Highlight, was jedoch so schön ist, das es auf keiner Portugalreise fehlen darf.

Palácio Nacional de Sintra

Als erstes ins Auge fällt der Nationalpalast Palácio Nacional de Sintra mit seinen 33 Meter hohen markanten Türmen – zwei überdimensionierte Rauchfänger der königlichen Küche, ein Zeichen der damaligen adligen Verschwendungssucht. Der Palast ist der einzige vollständig erhaltene Herrscherpalast Portugals. Sein Fundament basiert auf einer maurischen Wohnburg aus dem 10. Jahrhundert. Besonders einzigartig macht dem Palast die Vielfalt der Baustiele, welche aus zahlreichen An- und Umbaumaßnahmen bis ins 19. Jahrhundert resultieren. Gemein sind ihnen die Azulejos (typische blauverzierte Fliesen) aus den diversen Stilrichtungen.

Da wir ja stolze Besitzer der Lissabon-Card sind, können wir uns den Palast kostenlos von Innen ansehen. Über einen Rundweg wird man durch die Anlage geführt. Ich muss aber zugeben, das mich der Nationalpalast im Vergleich zu den anderen in Sintra eher enttäuscht hat. Mag er noch so historisch bedeutend sein, die Einrichtung ist – gerade auch im Vergleich zum Palácio Nacional de Queluz eher ernüchtern und schlicht.

Die Altstadt

Das historische Stadtzentrum liegt direkt gegenüber dem Palast, an einen Berg geschmiegt, auf dessen Gipfel das Maurenkastell und der Palácio da Pena thronen. Durch die schmalen Altstadtgassen zwängen sich zahlreiche Touristen und stöbern in den hoffnungslos überteuerten Andenkenläden. Lässt man den Blick hinauf zu den Häusern schweifen, entdeckt man zahlreiche liebevolle Details. Je höher sich die Gässchen nach oben schlängeln, desto weniger Touristen werden gesichtet.

Und siehe da, die ein oder andere Gasse ist plötzlich menschenleer. In einer Seitenstraße entdecken wir einen kleinen Miradouro – die charmante portugiesische Bezeichnung für Aussichtspunkte, dessen Ausschilderung mir während unseres Portugaltrips so manch Verzückung hervorgerufen hat. Meine Schwester freute sich nach dem zehnten dieser Aussichtspunkte leider weniger darüber, zumal ein Besuch meist mit einem Aufstieg verbunden ist – logischerweise.

Castelo dos Mouros

Oberhalb der Altstadt beginnt er: der steile dreistündige felsige Aufstieg zum Maurenkastell beziehungsweise dem Palácio da Pena. Und nein, den sind wir nicht gegangen – wahrscheinlich wären wir dann heute noch in Sintra. Statt dessen nehmen wir den faulen Touribus Nummer 434 direkt neben der Touristeninformation und gönnen uns trotz saftiger Preise (was es genau gekostet hat, weiß ich leider nicht mehr, aber ich weiß noch wir fanden es total unverschämt) den sanften „Aufstieg“. Unseren ersten Stopp legen wir am Maurenkastell ein. Schon von unten kann man die zinnenbesetzen Mauern und Türme der Festung gut erkennen. Die Ruinen des Castelo dos Mouros stammen etwa aus dem 7.-8. Jahrhundert. Von der ursprünglichen Festung ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Dank des Prinzgemahls Ferdinand wurden die Ruinen im 19. Jahrhundert konserviert und man kann auf heute noch auf der gut erhaltenen Burgmauer spazieren. Die Aussicht ist grandios und reicht bei klarer Sicht bis nach Mafra.

Warum an unserem Tag die Sicht nicht ganz so grandios war, merken wir erst als wir am Abend nach Lissabon zurückkehren. Was wir auf die schwüle Wetterlage schoben, waren in Wirklichkeit verheerende Waldbrände nur 10 Kilometer von der portugiesischen Hauptstadt entfernt. Was wir in Sintra nur als grauen Dunst wahrnahmen, war in Lissabon in Form eines dichten Rauchnebels gepaart mit einem fast unaushaltbaren Gestank nach verbranntem Holz zu spüren. Wir waren nur froh, dass die Brände noch am selben Abend unter Kontrolle waren. Schon das zweite Mal sind wir nun während unserer Portugalreise mit den Waldbränden konfrontiert worden und hatten bisher einfach nur riesiges Glück von den Auswirkungen verschont geblieben zu sein.

Palácio da Pena

Eigentlich war jetzt die Zeit, dass wir unsere Reise nach Cascais fortsetzen, einem kleinen Fischerort an der Atlantikküste. Doch irgendwie hat uns Sintra noch nicht das gegeben wonach wir gesucht haben. Wo ist sie, diese Märchenwelt? Wir beschließen zu bleiben und Sintra noch eine Chance zu geben: Schweren Herzens zahlen wir jeder die 12 Euro für den Eintritt zum Palácio da Pena. Ob sich das lohnt, können wir nicht absehen. Denn um zum Palast zu gelangen, muss man zunächst durch den zugegeben wunderschönen Parque do Pena hinauf zum Schloss wandern. Ich kaufe ja ungern die Katze im Sack, aber als wir schließlich vor den märchenhaften Schlossmauern stehen, sind wir froh es gewagt zu haben. Der Palácio da Pena enttäuscht uns nicht und ist wohl das kitschigste und zugleich märchenhafteste was man so an Palästen bauen kann. Den bunten Stilmix, der heute stellvertretend für die romantische Baukunst steht, hat der Palast dem Prinzgemahl Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha zu verdanken. Ja, es war ein Deutscher der dieses Wirrwarr aus architektonischen Richtungen schuf, in der sich alle zu der Zeit (17. Jahrhundert) in Deutschland und Portugal bekannten Baustiele wiederfinden sollten. Das Ergebnis ist ein kitschig schönes Märchenschloss, was locker auch dem Schloss Neuschwanstein Konkurrenz machen kann. Herrlich schön!

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Im Inneren des Schlosses ist das fotografieren zu meinem Bedauern verboten. Auch wenn ich mich das ein oder andere Mal über das Verbot hinweggesetzt habe, mag ich euch – verständlicherweise – die Fotos ungern zeigen ;-) Aber auch schon die Außenansichten übertreffen sämtliche Vorstellungskraft. Nicht zuletzt durch die untergehende Abendsonne werden die historischen Mauern in ein weiches, gelbes Licht getaucht. Es fällt fast schwer, die Schönheit in einem Foto zu konservieren. Versucht habe ich es trotzdem…

Glücklich Sintra noch eine wohlverdiente Chance gegeben zu haben, machen wir uns auf den Rückweg nach Lissabon. Der Bus bringt uns zum Bahnhof Sintra und von dort geht es mit dem Zug zurück. „Du musst unbedingt nach Sintra, wenn du in Lissabon bist!“, lautet nun auch mein guter Rat. Doch wer den Palácio da Pena nicht gesehen hat, hat Sintra nicht gesehen.

Ward ihr schon einmal in Sintra? Welcher Palast hat euch am besten gefallen? Oder wäre ein Besuch für euch Kulturoverload?

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8 Comments

  1. says: Christina

    Haha… ich musste erst mal bei „neomanuelinisch“ lachen, den ich hab nicht mal eine ungefähre Ahnung was das den sein soll (gleich mal bei Wikipedia nachschlagen). Wie immer ein erstklassiger Bericht über Portugal und den Palacio de Pena finde ich… ehm, interessant. :-)
    Er sieht wirklich toll aus, aber das Gesamtwerk mit seinen unendlich vielen Baustielen ist mir persönlich zu viel. Ritterburg trifft Tausend und eine Nacht, das geht für mich irgendwie nicht. :D
    Liebe Grüße
    Christina

  2. says: Lea

    Es ist ja nicht nur der Palast, der total wahnsinnig toll ist, sondern auch diese Park-/Waldanlage, die ihn umgibt, ist so klasse!! Also mir hat es so gut gefallen dort, es war schade, dass wir letztlich doch nicht so viel Zeit wie geplant hatten. Aber der Besuch ist jeden Cent wert!!

    LG, Lea

  3. says: Jessi

    Oh ja, der letzte ist zwar sehr kitschig, aber auch einfach toll! Und die Aussicht erst! Danke für die wunderschönen Fotos, die du mit uns teilst!

    Bussi

  4. says: Manuela

    Schöne Bilder, auch ein paar Ecken die wir nicht gesehen haben.
    Aber dreistündiger Aufstieg?! Bin verwirrt, wir sind in Sintra alles gelaufen und an so eine Wanderung kann ich mich nicht erinnern :-)

    Lg aus dem Wallis
    Manuela

    1. says: Jana

      Wie lange hat der Aufstieg denn gedauert? In unserem Reiseführer war das als dreistündige Aktivwanderung angegeben, kann natürlich sein, dass die einen Umweg macht…
      LG Jana

  5. says: Klaus

    Wirklich wunderschöne Fotos, wie man es ja von Dir ja auch nicht anders kennt Jana.
    Der Palácio da Pena ist unterdessen noch etwas farbenfreudiger, da die Maler bei meinem
    Besuch im September noch fleissig am Werkeln waren.
    Die erwähnte Buslinie 434 kann man nur mit einem Tagesticket für 5€ nutzen, was ich auch genutzt habe. Ich war vormittags am Cabo da Roca, von dort mit dem Bus zum Bahnhof Sintra und dann von dort weiter mit der Linie 434 – besser kann man sich Nahverkehr wirklich nicht wünschen. Aufgrund der erwähnten Malerarbeiten an den Aussenfronten war da nicht allzuvieles zugänglich und somit hab ich dann den ganzen Nachmittag in dem traumhaften Park verbracht – wobei es mir der Farnpark besonderes angetan hat. Man wandelt unter riesenhaften Farnen und erwartet irgendwie noch einen Dinosaurier, der seinen Kopf durch das Blattwerk steckt.
    Nun ist mein Kommentar doch etwas länger geworden – aber ich bin eben fasziniert von Lissabon und der Landschaft nah dem Atlantik.
    In diesem Sinne ganz liebe Grüsse aus Bielefeld von Klaus

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