Kletterpartie mit Genussfaktor: Der Mittelrhein Klettersteig

In meinem früheren Leben war ich eine Berggemse. Okay, eher ein Bergesel, denn mit der Grazilität ist es bei mir nicht so weit gediegen. Aber irgendwo raufklettern und die Aussicht genießen ist für mich das Größte. Doch richtig klettern mit Seilen und so, war ich schon mindestens 15 Jahre nicht mehr. Wer hätte gedacht, dass ich meine Kletterkenntnisse ausgerechnet im Rheinland auffrischen würde. Im Mittelrheintal, wo sich der Rhein von seiner schönsten Seite zeigt, gibt es den Mittelrhein Klettersteig, der nicht nur Schweiß treibt, sondern auch mit grandiosen Ausblicken belohnt.

Sonne satt bei 20-25 Grad boten die idealen Bedingungen für die „Erstbesteigung“. Es gab keine Ausrede, kein zurück mehr. Der Weg startet im schönen Örtchen Boppard, etwa 30 Kilometer östlich von Koblenz. Dort, an einer der größten und landschaftlich reizvollsten Schleifen des Rheines hat die Stadt Boppard in Zusammenarbeit mit der Alpenvereinssektion Koblenz mit dem Mittelrhein Klettersteig eine für ein Mittelgebirge ungewöhnliche und einzigartige Wanderherausforderung geschaffen. Vom Parkplatz des Sesselliftes – yeah ein weiteres Highlight, was der Klettersteig so bietet – erreicht man den Einstieg innerhalb eines Kilometer. Während diesem folgt man zunächst dem Rheinburgenwanderweg in Richtung Gedeonseck. Dann wird es ernst.

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Insgesamt sind auf dem fünf Kilometer langen Wegstück 10 Leitern, 130 Trittbügeln und ca. 180 Meter Drahtseil zu überwinden. Elf Kletterpassagen an steilen Felswänden liegen jetzt vor mir. Für Kinder und Ungeübte sind eine Klettersteigausrüstung sowie ein Klettersteigführer notwendig. Ich vertraue auf mein „Berggen“ und gehe das ganze ohne Klettergurt. Schon als Kind haben ich ähnliche Passagen überwunden, und zur Not gibt es ja auch immer noch einen alternativen Wanderweg, der um die schwierigsten Stellen herumführt.

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Zunächst beginnt es jedoch relativ harmlos mit ein paar Leitern, die sich mit Trampelpfaden durch die saftige Wiesenlandschaft abwechselt.

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Da ich durch die vielen Fotos so langsam bin wie eine Schnecke, werde ich regelmäßig von anderen Leuten überholt. Als mir jedoch ein Vater mit Kind im Teenageralter ein zweites Mal begegnet, diesmal jedoch von der anderen Seite, frage ich nach. Dem Kind sei in Anbetracht des noch vor mir liegenden Wegstücks schlecht geworden und so haben sie en Heimweg angetreten. Ohjee, denke ich nur, während ich so semimutig vorangehe.

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Es handelte sich um eine ziemlich hohe Leiter gepaart mit einem Aufstieg über mehrere Sprossen, die in den Fels geschlagen sind. Es ist schon hoch, aber für jemanden, der schon einmal in den Alpen klettern war, wohl eher ein leichtes. Man sollte das ganze aber dennoch nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn ein falscher Tritt und man liegt 50 Meter tiefer. Und so ermahne ich mich jedes Mal erneut zur Konzentration, wenn ich mal wieder für ein Foto auf der Leiter waghalsige Verrenkungen mache.

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Zwischendurch gibt es immer wieder seichte Passagen, bei denen man die wundervolle Aussicht genießen kann. Bevor es einem jedoch langweilig werden kann, wartet schon die nächste Kletteraction.

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Während des Weges gibt es immer wieder Stellen, an denen sich plötzlich die Wanderer „stauen“. Ich bin an diesem Sonntag natürlich nicht die einzige, die sich den Klettersteig als Herausforderung ausgesucht hat. Besonders viele Mittvierziger begegnen mir, allerdings fast ausnahmslos in voller Klettermontur. An einer der spektakulärsten Stellen kapitulieren einige plötzlich. Es handelt sich um eine Felswand, die es über in den Stein gehauene Stahlstifte zu überwinden gilt. Nachdem ich die Wandergruppen so souverän überholt habe, kann ich mir jetzt keine Schwäche eingestehen und marschiere drauflos. Meistens ist es eh nur der Kopf, der einen bei solchen Aktionen behindert. Schließlich ist doch jeder von uns als Kind auf hunderte Bäume geklettert, ohne dass man sich je darum Gedanken gemacht hätte. Erst mit dem Alter kommt die Höhenangst.

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Als ich glaubte, fast alles Schwierige geschafft zu haben, wurde ich eines besseren belehrt. Fast am Ende des anstrengendsten Teils der Tour wartet noch eine steile und ziemlich lange Kletterpartie auf einen. Auch hier gilt wieder: einfach konzentriert! drauflosklettern und bloß nicht zu viel darüber nachdenken, was man hier gerade tut und was einem so alles passieren könnte.

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Hat man die Stelle geschafft, wird man mit einem phänomenalen Ausblick auf Boppard und den Rhein belohnt. Besonders jetzt im August ist die Landschaft wunderbar grün. Eine Liegebank perfektioniert den Ort für eine Picknickpause. Ich teile sie gemeinsam mit einem älteren Ehepaar, während wir unsere Streckenerfahrungen austauschen.

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Teils durch den Wald, teils über schmale Felswege geht es von dort an gemächlicher weiter. Immer wieder bieten sich dabei tolle Ausblicke.

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Als man nach fünf Kilometern wieder auf den Rheinburgen-Wanderweg trifft, ist das Ziel fast erreicht. Von dort an gehen Wanderer und Kletterfreunde einem gemeinsamen Ziel entgegen: dem Vierseenblick. Von dem Aussichtspunkt mit gleichnamiger Restauration hat man nämlich bietet sich einem nicht nur ein toller Panoramablick auf den Rhein, nein, man hat quasi Gefühl als würde man auf vier Seen blicken. Daher der Name…

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Vom Vierseenblick gibt es noch einen kurzen Klettersteigabschnitt zum sogenannten Gedeonsblick, einem weiteren Aussichtspunkt, von dem man dann den vollen Blick auf die Rheinschleife hat. Nicht mal einen Kilometer liegen die beiden Aussichtspunkte auseinander, doch das Panorama ist ein völlig anderes. Spätestens hier hat man sich ein erfrischendes Getränk redlich verdient.

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Von dort an kann man entweder über den normalen Rheinburgenweg in 1,3 Kilometern zurück ins Tal wandern, oder gemütlich, so wie in meinem Falle, mit dem Sessellift hinabschweben. Hach, das weckt Kindheitserinnerungen! Auch während der rund 15 minütigen Fahrt bieten sich immer wieder tolle Ausblicke und die 4,50 sind meiner Meinung nach wirklich gut angelegt.

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Stolz und glücklich komme ich im Tal an. Ich habe mich alleine getraut, den Klettersteig zu bezwingen und es fühlte sich gut an. Ich kann es nun kaum mehr erwarten einen der 21 weiteren Klettersteige in Rheinland-Pfalz zu erklettern und mein nächster Kletterurlaub in den Alpen ist im Kopf auch schon durchgeplant. Mag der Mittelrhein Klettersteig für den geübten Kletterer ein Spaziergang sein, für mich war sie ein Riesenspaß und eine prima Gelegenheit wieder Kletterluft zu schnuppern. Und die macht ja bekanntlich süchtig…

Seid ihr begeisterte Kletterer oder jagt euch schon der Anblick der Bilder Angst ein? Hättet ihr gedacht, dass es so eine coole Kletteraction am Mittelrhein gibt?

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14 Comments

  1. says: Jana

    Tolle Bilder und eine fantastische Aussicht. Bei manchen Stellen wäre ich mir aber nicht sicher, ob ich mich das trauen würde. Ich bin ja eher so ein kleiner Schisshase! :-) Also ich ziehe meinen Hut, dass du das gemacht hast!

    1. says: Jana

      :-D Ich bin eigentlich auch ein Schisser aber die Berge liegen mir im Blut ;-) Häufig frage ich mich erst während dessen, was ich mir da eingebrockt habe…

  2. says: Heike

    Wow! Ich komme mir jetzt ordentlich blöd vor, aber ich kannte das überhaupt nicht! Wie geil! Und ich habe absolute Höhenangst, für mich daher wohl er nicht geeignet, aber als Tipp ist das ja Super! Krass, dass du dabei noch so viele Fotos geschossen hast!

    1. says: Jana

      :-D tja manchmal weiß man garnicht wieviel tolles so vor der Haustür liegt. Hab das auch nur durch Zufall im Internet entdeckt ;-) LG Jana

  3. says: Patrick

    Hallo Jana,
    das ist ja mal geil. Wußte nicht, dass es in der Nähe von Köln einen spannenden Klettersteig gibt. Klasse, werde ich demnächst ausprobieren!
    Grüße aus Köln, Patrick

  4. says: Manuela

    Also der Ausblick ist in der Tat genial. Ich bin immer in so einer Zwischenstimmung aus unbedingt wollen und in die Hose machen.
    Hier hätte ich das vorallem bei den Stahlstiften in der Felswand gehabt ;-)

    LG
    Manuela

  5. Pingback: Klettern in Deutschland abseits der Alpen: Der Kletterwald Sayn
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