Der Großvenediger ist mit seinen majestätischen 3.666 Metern der vierthöchste Berg Österreichs und einer der schönsten der Ostalpen. Die Hochtour von Süden über das Defreggerhaus ist auch für Anfänger machbar – allerdings nur mit einem Bergführer. Denn um auf den Gipfel zu gelangen, muss der spaltenreiche Gletscher der Venedigergruppe überwunden werden – immerhin das größte zusammenhängende Gletschergebiet der Ostalpen. Wer noch genug Ausdauer hat, kann bei gutem Wetter in einer Tour ganze fünf Gletscher besteigen.
Aber wie gesagt, bei gutem Wetter. Dann hat man auch vom Großvenediger eine fantastische Rundumsicht auf die umliegende Alpenwelt. Wenn der Gipfel dagegen – wie in unserem Fall – in dichte Wolken gehüllt ist, hat es zumindest einen Vorteil: man sieht nicht, wie steil es am Gipfelgrad rechts und links hinabgeht. Aber beginnen wir mal von Anfang an.
Etappe 1 – von der Johannishütte zum Defreggerhaus
Es ist Freitag Morgen 7 Uhr und ich sitze bereits im Flugzeug von Köln nach München. Denn mein Großvenediger Abenteuer ist ein Microadventure der Extraklasse. Bereits am Abend werde ich die erste Etappe der Bergtour zurückgelegt haben und auf fast 3.000 Metern im Defreggerhaus übernachten und am Sonntag Abend schon wieder im Flieger nach Hause sitzen.
Zunächst liegt aber noch ein Flug, eine etwa dreistündige Autofahrt ab München sowie eine Venedigertaxi-Fahrt von Hinterbichl zur Johanneshütte (2121m) vor mir. Wer mag kann auch in zwei Stunden zu Fuß vom Großparkplatz in HInterbichl zur Johanneshütte aufsteigen, aber wir sparen uns lieber die Kräfte für den Großvenediger. Ich finde die 20 Euro für Hin- und Rückweg sind gut angelegt!
Tourenstart an der Johanneshütte
Noch kurz mit einer Kaspressknödelsuppe gestärkt, die Wanderschuhe geschnürt und schon beginnt direkt hinter der Hütte der Aufstieg zum Defregger Haus (2963m). Der Weg ist schmal, steinig und stellenweise steil und ein bisschen hängt mir die kurze Nacht noch nach. Aber die Landschaft ist so herrlich und die Bergkulisse so atemberaubend, dass das alles nebensächlich ist. Auch die dunklen Wolken, die immer wieder über unsere Köpfe hinwegziehen. Ein wenig wundere ich mich über das hohe Tempo, dass die Bergführer vorgeben. Schließlich ist die Wanderung mit zwei Stunden und circa 700 Höhenmetern nicht gerade lang und wir liegen gut in der Zeit. Warum also nicht öfter mal stehen bleiben und das Panorama genießen? Später erfahre ich, dass der Aufstieg zum Defreggerhaus ein Test für die bevorstehende Bergtour war. Wer es in zwei Stunden schafft darf mit, wer nicht, nicht.
Übernachtung im Defreggerhaus
Immerhin, die Aussicht vom Defreggerhaus ist mindestens genauso schön. Und am schönsten, wenn abends die Sonne spektakulär in den Wolken untergeht. Da stört es mich auch wenig, dass ich trotz mehrerer Schichten Kleidung in der Kälte friere. Und auch die Nacht in der mit über 100 Gästen fast schon übervollen Hütte ist auf einmal nebensächlich. Die Nacht wird sowieso keine lange und Schnaps und Glühwein helfen ein wenig beim Einschlafen.
Etappe 2 – auf den Großvenediger und Abstieg zur Johanneshütte
Mein erster Blick morgens geht zum Fenster. Dicke Tropfen an der Scheibe verheißen nichts Gutes und unser Bergführer beschließt unsere Startzeit ein wenig nach hinten zu verschieben. So bleibt genug Zeit für ein ausgiebiges Hüttenfrühstück und schließlich sieht es auch so aus, als würden sich die Wolken langsam verziehen. Gegen halb Sieben verlassen wir letztendlich gestiefelt und gespornt mit Klettergurt um den Bauch und Steigeisen im Rucksack die Hütte. Rechts am Defregger Haus vorbei geht es über Geröll und Felsplatten zum Anseilpunkt in 3100m Höhe auf dem Mullwitzaderl, der felsigen Scheide zwischen Innerem und Äußerem Mullwitzkees.
Über den größten Gletscher der Ostalpen
Ab hier werden wir zu einer untrennbaren Seilschaft. Für mich das erste Mal. Ab jetzt sind keine spontanen Fotostopps mehr möglich. Statt dessen im gleichmäßigen Takt einen Fuß vor den anderen setzen und immer auf den richtigen Abstand zum Vordermann achten. Nach ein paar Metern bergab beginnt die Gletscherpassage. Sanft ansteigend überqueren wir den Gletscher aufs Rainerhorn zulaufen und später an dessen felsiger Südwestflanke vorbei. Zu diesem Zeitpunkt haben wir bereits den ersten Regenschauer überwunden und sind in der dichten Wolkenschicht verschwunden, die über der Venedigerkrone hängt. Doch an Aufgeben ist nicht zu denken. Ein zweiter Regenschauer sucht uns heim als wir im Zickzack hinauf zum Rainertörl (3421m) steigen und ein dritter als wir in nordwestlicher Richtung über den Oberen Keesboden zur Gipfelschneide des Großvenediger marschieren.
Gipfelglück am Großvenediger
Doch nun ist der Gipfel zum Greifen nah! Und vergessen die eisigen schmerzenden Hände und die vor Kälte steifen Füße. Auf den Gipfelgrat geht es links und rechts geht es gleichermaßen steil hinab, wovon wir bei der Sichtweite nur sehr wenig mitbekommen. Vielleicht auch ganz gut so, wobei mir der Anblick der Gipfelaussicht auf Fotos heute noch Tränen in die Augen treibt. Trotzdem ist das Glücksgefühl unbeschreiblich, wenn man nach so vielen Widrigkeiten dann letztendlich doch am Gipfelkreuz ankommt.
Den eigentlichen Plan, die ganze Venedigerkrone (Großvenediger 3666m, am Rückweg Hohes Aderl 3504m, Rainerhorn 3560m, Schwarze Wand 3511m und Hoher Zaun 3457m) zu besteigen ist längst in weite Ferne gerückt. Dafür wird der direkte Abstieg auf dem gleichen Weg unerwartet angenehm. Denn ab dem Rainertörl reißt die Wolkendecke auf und gibt den Blick auf die Gletscherwelt um uns herum frei. Der Venediger liegt allerdings immer noch in den Wolken. Schließlich kommt sogar die Sonne heraus und wärmt unsere eingefrorenen Glieder. Allerdings lässt der Bergführer keine großen Pausen zu. Von Kitzbühl aus ist ein Unwetter gemeldet und da wollen wir auf keinen Fall mehr hier oben am Gletscher sein. Doch das große Unwetter kommt nicht.
Abstieg zur Johanneshütte und zurück nach Hinterbichl
Auch nicht, als wir das Defreggerhaus erreichen und für eine Nachmittagsrast dort halt machen. Auch nicht, als wir zur Johanneshütte absteigen um von dort das Taxi nach Hinterbichl zu nehmen. Statt dessen ein Mix aus Regen, Sonne, Regen, Sonne, Regen Sonne. Auch am Abend, als wir zum Essen auf der Terrasse des wunderschönen, familiengeführten Heimat Natur Resort sitzen und uns gegrillte und mit Wildkräutern verfeinerte Köstlichkeiten schmecken lassen.
Ausgehtour zu den Umbalfällen
Am nächsten Tag merke ich ganz schön meine Beine. Vor allem die Knie mussten unter dem 1.500 Meter Abstieg leiden. Trotzdem schnüren wir die Wanderschuhe und brechen zu einer kurzen Rundwanderung durchs Umbaltal und zu den Umbalfällen im Nationalpark Hohe Tauern auf und das sogar bei gutem Wetter. Die Tour mit ihren 414 Höhenmetern dauert rund zweieinhalb Stunden und eignet sich somit perfekt als Ausgehtour. Wer wie wir mit einem Nationalparkranger im Nationalpark unterwegs ist, bekommt noch dazu alle Infos über die Landschaft und wie sie sich geformt hat. Am Ende wartet noch ein typisches Ostiroler Mittagessen auf der Islitzeralm, bevor mein Abenteuer mit der Fahrt nach München sowie dem Flug nach Köln am Sonntagabend endet.
Großvenediger Microadventure nachwandern
An einem Wochenende mit einer Seilschaft auf einen 3.000er steigen und pünktlich am Montag morgen wieder zurück im Büro zu sein macht die Großvenediger Tour zum perfekten Mircoadventure für alle, die die Abenteuerlust im Sommer packt. Da die Großvenediger Hochtour sowie die Venedigerkrone technisch recht einfach ist, eignet sie sich perfekt für Hochtoureneinsteiger (wie mich).
Trittsicherheit und gute Kondition muss man natürlich bereits mitbringen um die rund 700 (beziehungsweise 1.000 im Falle der Krone) Höhenmeter vom Defreggerhaus zurückzulegen. Selbst erfahrene Bergwanderer nehmen sich wegen der zahlreichen Gletscherspalten auf der Route am besten einen Bergführer, zum Beispiel über Venediger Bergführer. Ich für meine Teil muss auf jeden Fall nochmal wiederkommen um endlich auch die Aussicht vom Venediger sowie die restlichen vier Gipfel zu genießen.
Vielen Dank an Osttirol Werbung für die Einladung auf das Großvenediger-Abenteuer!
hi Jana,
Fantastisch. du bist sehr mutig.
Drücke die Daumen!
:)
Hallo Jana,
mit einer Tour auf den Großvenediger habe ich auch immer mal geliebäugelt. Mit entsprechend großem Interesse habe ich deshalb deinen Artikel gelesen. Glückwunsch zum Gipfel und danke für den schönen Bericht!
Viele Grüße
Thomas
Wunderschöne Bilder und Eindrücke! Ich komme gleich wieder ins Träumen :) Ich war letzten Sommer in Lana in Südtirol zum Wandern, das war auch super!
Hallo :) Ein toller Bericht mit wunderschönen Bildern! So ein Tour klingt sehr gut für einen Anfänger wie ich! Wäre das noch Anfang Dezember machbar, oder ist dieser Tour eher was für den Herbst? Da habe ich nämlich noch eine Woche Urlaub und muss mich bald entscheiden, wo ich hin will damit ich Hotel / Flüge usw buchen :)
LG Sophie
Hallo Jana, ich bin so gerne wandern und freue mich über Erfahrungen der anderen begeisterten Wanderer zu lesen. So auch dein Bericht. Die Umbalfälle sehen so schön aus, ein Traum. Freue mich auf die weiteren Artikel. LG aus Sexten
Wow. Schöner Artikel und tolle Bilder.
Eine Frage: Wenn du die Bilder bearbeitest (ich hoffe mit Lightroom), gibt es eine Möglichkeit an deine Grund-Presets zu kommen? Die sehen so traumhaft aus :)
Liebe Jana, danke für diesen tollen Artikel über die Großvenediger Besteigung. Meine Freundin und ich fahren im September nach Osttirol und lieben es zu wandern. Gerade, dass man auch über den größten Gletscher der Ostalpen wandert, finde ich sehr beeindruckend. Wir werden die Tour auf jeden Fall auch laufen.