Roadtrip durch die westlichen Highlands, Teil 2 – Inveraray, Agryll Forest Park und Loch Lomond

Loch. Mit dem schottischen Wort für See bezeichnet man dort quasi alle Wasserflächen. Während wir so durch die Nacht zurück nach Edinburgh fahren, frage ich mich, ob es auch Salzwasser-Lochs gibt, quasi Fjorde, die direkt ins Meer münden. Und tatsächlich: wir waren sogar an einem, nämlich dem Loch Fyne an der Westküste Schottlands. Über den  spektakulären „Rest and be Thankful“ Pass geht durch den Argyll Forest Nationalpark zum Loch Lomond, den mit 71 Quadratkilometern größte und auch schönste See Schottlands.

Nachdem ich euch im Teil 1 der Highlandtour schon vom Doune Castle, der Stadt Callander und dem pitoresken Kilchurn Castle am Loch Awe berichtet habe, befinden wir uns nun in dem kleinen Örtchen Inveraray, direkt am Meeresarm Loch Fyne. Das erklärt im Nachhinein warum es so viele Schiffe auf dem vermeintlichen See gegeben hat. Aber dazu später. Als erstes besuchen wir nämlich das Inveraray Castle. Das Schloss aus dem 18. Jahrhundert is Stammsitz der Dukes of Argyll, einem Zweig des Campbell-Clans.

Der Ort Inveraray hat eine ganz spannende Geschichte. Das 500-Seelen-Dorf lag nämlich ursprünglich an ganz anderer Stelle, nämlich dort wo sich heute das Schloss befindet. Während der Baumaßnahmen für das Schloss, wurde das Dorf kurzerhand umgesiedelt und nur ein paar hundert Meter vom Schloss entfernt wieder aufgebaut. Das erklärt natürlich, warum die Häuser in dem kleinen Ort so einheitlich aussehen. Die Architekten William Adam, John Adam und Robert Mylne waren für den Entwurf der Planstadt zuständig.

Das größte kulturelle Highlight, was der Ort zu bieten hat ist das Inveraray Jail, das Gefängnis, was heute als Museum besucht werden kann. Statt kulturellem Hunger plagt uns eher der kulinarische und wir suchen uns – statt in der Geschichte zu streunern – lieber ein nettes Plätzchen für unsere Mittagspause.

Das Inveraray Woollen Mill ist zugleich Souveniershop und Café in einem. Die unteren Räume sind dem Verkauf vorbehalten, in der oberen Etage ist ein Selbstbedienungscafé untergebracht. Für 12 Pfund ordern wir eine Etagere mit Sandwiches, Scones mit Sahne und Marmelade sowie diversen Kuchen. Dazu gibt es eine große Kanne Tee oder Kaffee.  Preiswert, wärmend und viele verschiedene Dinge zu probieren: das ist genau das richtige für uns. Praktischer Weise können wir dort auch gleich noch den Regenschauer überdauern, der über die Stadt hineinbricht.

Nach dem Essen unternehmen wir noch einen Spaziergang zum See, beziehungsweise korrekter zum Fjord oder ganz simpel einfach nur zum Loch Fyne, an dessen Ufer sich das Dorf Inveraray befindet.

Vom Loch Fyne aus geht es über den spektakulären „Rest and be Thankful“ Pass zum Loch Lomond. Die Straße führt durch den Agryll Forest Nationalpark und gehört wohl zu den spektakulärsten Routen, auf denen ich je gefahren bin.

Wir stoppen auf einen Parkplatz mit einem atemberaubenden Panoramablick auf das Tal.

Viel Zeit bleibt uns leider nicht, denn ein echter Nachteil am Winter in Schottland ist die früh einbrechende Dunkelheit. Als rechts neben der Straße plötzlich der gewaltige Loch Lomond auftaucht, beginnt es bereits zu dämmern. Der mit 71 Quadratkilometern größte und angeblich auch schönste (so viele hab ich noch nicht gesehen, als dass ich mit hierzu ein Urteil anmaßen möchte) See liegt gut 20 Kilometer nordwestlich von Glasgow.

Auf dem riesigen See gibt es je nach Wasserstand 30-60 Inseln, von denen drei sogar bewohnt sind. Wir halten in dem kleinen Örtchen Luss, am Westufer des gigantischen Sees. Die Sonne ist bereits untergegangen und der See schimmert dank der blauen Stunde in den verschiedensten Blau- und Lilatönen. Am Luss Peer gelangen wir direkt ans Ufer. So in der Abenddämmerung auf dem Steg zu stehen ist schon ein einmalig schönes Ereignis.

Das kleine Örtchen Luss hat kulturell nicht viel zu bieten. Dank der zahlreichen niedlichen kleinen Cottages lohnt sich ein Spaziergang durch den Ortskern aber auf jeden Fall.

Hier zeigt sich dann doch, welche Wassermassen an diesem Tag vom Himmel geprasselt sind. In Kombination mit dem Schmelzwasser – dank der milden Temperaturen herrscht Tauwetter – sind zahlreiche Straßen des Ortes hoffnungslos überschwemmt. Wer bis hierhin noch keine nassen Füße bekommen hat, der bekommt sie jetzt…

Damit endet eine spannende Tour und ein toller Tag. Wettertechnisch hatten wir so ziemlich alles: vom strahlendem Sonnenschein bis hin zu heftigsten Regenschauern – aber ich denke für Januar kann man sich absolut nicht beschweren. Eins weiß ich auf jeden Fall: ich komme wieder – und das am besten im Sommer, wenn die Highlands saftig grün und die Temperaturen mild sind. Aber auch unter einer zarten Puderzuckerhaube hat das schottische Hochland durchaus seinen Reiz. Ich denke das hätte ich hiermit bewiesen, oder was meint ihr?

Und, würdet ihr bei einem Kurztrip nach Edinburgh auch in die Highlands fahren? Ziehen euch die grünen Hügel ebenso magisch an wie mich?

Hier geht`s zurück zu Teil 1: Roadtrip durch die westlichen Highlands, Teil 1 – Doune Castle, Callander und Loch Awe

Vielen Dank an Rabbie´s, die uns zu dieser tollen Tour durch die westlichen Highlands eingeladen haben. Weitere Informationen und Buchungsmöglichkeiten zu unserer Tour – die übrigens ganzjährig täglich statt findet – findet ihr auf rabbies.com. Alle Ansichten bleiben meine eigenen.

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8 Comments

    1. says: Jana

      Oh ja, das war echt ein fantastisches Erlebnis! Wollt ihr eigentlich auch in die Highlands, wenn ihr in Edinburgh seid? Ich kann das nur empfehlen ;-)
      Liebe Grüße, Jana

  1. says: Max

    Ich sehe, dass du in Bezug auf die Fotos nicht zu viel versprochen hast. Auf Inveraray Castle könnte locker ein Horrorfilm spielen. Ein umgepflanztes Dorf war mir bis jetzt auch nur durch die Simpsons bekannt.
    Schottland im Winter konnte ich mir nie vorstellen, der Blick ins Tal ist aber trotzdem fantastisch.

    lg
    Max

    1. says: Bernd

      Hallo Jana,

      eine schöne Beschreibung Deiner Tour und sehr viel schöne Bilder, auch wenn die Dörfchen noch so unbedeutend erscheinen. Danke!

      Aber insbesondere auch ein Hallo an Max!
      Ich war vor etwa vier Wochen in Inverary und im Besonderen im Castle. Nichts mit Horrorfilm, eher eines der ganz großen Schlösser Schottlands! Außen zugegeben ein ziemlich grauer Kasten, aber innen freundlich und hell und wunderbar für eine ganz liebevolle und kulturhistorisch bedeutsame Ausstellung genutzt. So was Schönes habe ich bei Weitem nicht erwartet! Und dann kommt noch der Park dazu, das zusammen schließt jeden Gedanken an Horrorfilm aus!
      Leider fehlen die Bilder vom Schloss innen und dem Park – in jedem Fall einen Besuch wert!

      Grüße …

  2. says: Christina

    Oh wow! Das kommt davon, wenn man keine Zeit für den Feed-Reader hat, da sieht man solche Perlen erst so spät. Also ich finde bereits die ersten zwei Bilder soo genial. Die hübsche (und doch wuchtige) Brücke und das super düstere Schloss. Einfach genial.
    Und die Teestube. xD Da könnte ich sicher locker ein paar Nachmittage verbringen. ;-)

    Liebe Grüße
    Christina

  3. Pingback: Fernweh im Februar | Coupledays
  4. Hi Jana, sehr schöner Reisebericht! Schottland sieht auch im Winter wirklich großartig aus und steht bei uns auch zu dieser Jahreszeit noch am Plan. Wir durften letztes Jahr 30 Tage durch Schottland touren und haben trotzdem noch soviel nicht gesehen. Das Land hat einfach soviel zu bieten. Die Fotos vom Rest and be thankful Pass sehen großartig aus und den Pass haben wir leider verpasst. Wir sind über Crianlarich und die A82 zum Loch Lomond gefahren. LG Florian

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